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YouTube Bildschirmaufnahme zeigt Slogan "Gerade Zähne in 4 bis 9* Monaten ab 33€* daneben eine Grafik eines geöffneten Gebisses mit 2 rot gefärbeten Vorderzähnen darunter Kleingedrucktes
Bild: Screenshot eines Videos vom Dr. Smile YouTube Kanal

Dr. Smile zieht sich aus Österreich zurück

Der Anbieter von Online Zahnspangen zieht nach zahlreichen Beschwerden über mangelnde Betreuung durch Fachpersonal, damit verbundene gesundheitliche Probleme und aggressive Verkaufspraktiken aus Österreich zurück. Wegen intransparenter Werbung und unzulässiger Vertragsklauseln stand das Unternehmen auch juristisch unter Druck. Neue Behandlungsverträge werden nicht mehr abgeschlossen.

Unsichtbare Zahnschienen, gerade Zähne mit kurzer Behandlungsdauer zu einem günstigeren Preis, als bei einer herkömmlichen kieferorthopädischen Behandlung vor Ort, kombiniert mit der Bequemlichkeit eines Onlineservices. Damit warb und erreichte Dr. Smile die junge Zielgruppe durch intensive Werbung auf YouTube, TikTok, Instagram und Co. Die Unternehmen Urban Technology GmbH und DZK Deutsche Zahnklinik GmbH,die Firmen hinter dem Markennamen Dr.Smile erlangten schnell den größten Marktanteil im Online Zahnschienen Geschäft. Zahlreiche Konsumenten, insbesondere junge Erwachsene haben die transparenten Zahnschienen bestellt. Mehr als 150.000 schlossen das Abo mit den transparenten Zahnschienen bei Dr. Smile ab. 

Das lukrative Online-Geschäftsmodell mit den sogenannten Aligner Zahnschienen ist stark umkämpft. Der amerikanische Smile Direct Club, der 2014 gegründet wurde, erzielte zunächst Erfolge, zog sich jedoch später vom europäischen Markt zurück und meldete 2023 schließlich Insolvenz an. Der andere Mitbewerber, ein Startup mit dem Namen PlusDental, wurde von der Straumann Group, der Muttergesellschaft hinter Dr.Smile im Jahr 2022 übernommen. 

Dr. Smile gab nunmehr bekannt, nach dem Rückzug aus Polen nun auch den österreichischen Markt zu verlassen. Das Unternehmen verwies auf die Übernahme durch die spanische  Unternehmensgruppe Impress. Bestehende Dr. Smile Kunden werden in Österreich weiterhin betreut, neuen Behandlungsverträge werden nicht mehr abgeschlossen. Betroffene in laufender Behandlung wurden von Dr. Smile auf ihre FAQ verwiesen (Link setzen).  

Das Europäische Verbraucherzentrum erhielt in den letzten Jahren unzählige Beschwerden gegenüber dem Unternehmen Dr. Smile. Diese betrafen aggressive Verkaufspraktiken,  mangelnde zahnärztliche Aufklärung sowie keine persönliche Verlaufskontrolle durch Zahnärzte oder Kieferorthopäden. 

Konsumentinnen berichteten uns über erhebliche Gesundheitsschäden wie Zahnfleischentzündungen, Kieferschmerzen, Migräne, Nervenschäden bis hin zu einem offenen Biss und Zahnverlust. 

VKI ging erfolgreich gegen Dr. Smile vor

Der größte Punkt des Anstoßes waer zunächst die intransparente Werbung über die tatsächlichen Preise sowohl in der PlusDental, als auch in der Dr.Smile Werbung. Beides wurde vom VKI erfolgreich geklagt und gerichtlich geahndet. Die mangelnde Preistransparenz in der Werbung führte schließlich zu einer hohen Exekutionsstrafe von 77.500 Euro. Der Grund war, dass ein zuvor geschlossener Vergleich die irreführende Werbung zu unterlassen, zahlreich missachtet worden war. Weiters bestätigte das Bezirksgericht Innere Stadt sowie das Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien rechtskräftig einen Verstoß gegen den Zahnärztevorbehalt sowie die Nichtigkeit des Behandlungsvertrages. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden wegen unzulässiger Klauseln (u.a. ein unzulässiger Haftungsausschluss für Schäden) vom VKI abgemahnt.

Wegen der unzureichenden Betreuung durch medizinisches Fachpersonal und den damit verbundenen Patientenbeschwerden zählten Zahnärztekammern und zahnmedizinische Berufsverbände in verschiedenen europäischen Ländern zu den schärfsten Kritikern dieser Unternehmen. Besonders kritisch sahen sie Zahnarztpraxen, die Partnerschaften mit den Online-Anbietern eingingen. 

Was kann bei online bestellten Zahnschienen schiefgehen?

Bei Dr. Smile wurde die Behandlung zunächst über Verkaufsagenten abgeschlossen, gefolgt von einer einmaligen 3D-Vermessung des Kiefers, oft von Assistent:innen statt ärztlichem Personal durchgeführt. Auf Behandlungsrisiken und Patient:innenfragen wurde kaum eingegangen. 

Anders als bei regulären kieferorthopädischen Behandlungen, wo Fachärzt:innen den Verlauf überwachen, betreuen sich die Kund:innen bei der günstigeren Online-Version im Wesentlichen selbst. Nach dem Vermessungstermin erhalten sie regelmäßig neue Schienen und dokumentieren den Fortschritt über eine App. Probleme treten auf, wenn die Aligner von Beginn an nicht gut passen oder die Zähne nicht wie geplant auf die Behandlung reagieren. Die Schienen sitzen schlecht, und Laien erkennen dies oft nicht oder reagieren darauf gar nicht oder erst viel zu spät.
 

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