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Läschflugzeug überfliegt ein Wohnhaus
Löschflugzeug auf dem Weg zum Waldbrand bei La Palma Bild: Tamara Kulikova / Shutterstock

Reiserücktritt bei Hitzewelle?

Mit zunehmenden Durchschnittstemperaturen hören wir in unserer Medien- und Beratungstätigkeit die Frage immer öfter. "Ich habe meinen Urlaub ans Mittelmeer gebucht. Kann ich wegen der großen Hitze gratis stornieren? Kann ich wegen der Waldbrände aus meinem Reisevertrag aussteigen?" Wir geben hier unsere Einschätzung zum kostenfreien Rücktritt unter diesen Umständen.

 

Grünes Kreuz Schild einer italienischen Apotheke mit Digitalanzeige von +40°C
Auch heuer werden wieder Rekordwerte bei der Sommerhitze in Südeuropa gemessen Bild: Vereshchagin Dmitry / Shutterstock

Extreme Hitze

Die schlechte Nachricht vorab. Hitze allein wird meist kein ausreichender Grund sein, von einer gebuchten Reise kostenfrei zurücktreten zu können. Dass es jetzt im Hochsommer an den Küsten und in den Städten des Mittelmeeres heißer ist als sonst, kann beim Vertragsabschluss als nicht völlig überraschend gewertet werden. Bei Buchungen im Hochsommer an diese Orte ist davon auszugehen, dass es dort immer wieder sehr heiß sein kann.

Wenn die Hitze aber beispielsweise zu Waldbränden oder zu lang andauernden Stromausfällen führt, die wiederum Auswirkungen auf die Infrastruktur des Landes haben, liegt eine Gefahr am Urlaubsort vor. Das wiederum kann, abhängig vom Ausmaß der Gefahr oder Beeinträchtigung zum Anspruch auf ein kostenloses Storno führen. Sollten Sie ein ärztliches Attest haben, das Ihnen einen Aufenthalt bei dieser Hitze oder Rauchentwicklung untersagt, können Sie eventuell hiermit argumentieren. Auf jeden Fall sollte man den Reiseveranstalter kontaktieren und eine Einigung auf kulanter Basis für eine Stornierung oder Umbuchung versuchen.

 

Waldbrand erreicht Ortsrand mit mediterranen Häusern
Waldbrand erfasst einen spanischen Ortsrand Bild: Diarmuid Oliver Curran / Shutterstock

Waldbrände

Bei den Waldbränden ist es fraglich, ob dies einen ausreichenden Grund für ein kostenloses Storno darstellt. Es lässt sich nicht pauschal beantworten, wie sich die Lage auf bevorstehende Reisen auswirken kann. Von den folgenden drei Dingen hängt grundsätzlich ab, ob Sie kostenlos vom Vertrag mit dem Reiseveranstalter, Hotel, Fluglinie, etc. zurücktreten können:

  1. Zeit: Wie unmittelbar steht Ihre Reise bevor?
  2. Ort: Wie nah an den Waldbrand kommen Sie genau?
  3. Buchungsart: Pauschalreise oder Flug, Hotel, Mietwagen, etc. einzeln gebucht?

 

Je unmittelbarer die Reise bevorsteht und je näher Sie in direkt betroffene Gebiete fahren, desto eher können Sie kostenlos zurücktreten. Wenn Ihre Reise erst in vielen Tagen oder Wochen stattfinden soll, so wird ihre Reise wohl umbuchbar sein und eine Rückerstattung ohne Zusatzkosten kurzerhand abgelehnt.

Reisewarnungen und Unzumutbarkeit

Offizielle Reisewarnungen sind noch aus der Corona Pandemie in Erinnerung. Sobald das österreichische Außenministerium die höchste Reisewarnung der Stufe 5 oder 6 ausspricht, hat man gute Karten, kostenfrei von einer Reise zurückzutreten. Begründen lässt sich das dann mit der offiziellen Unzumutbarkeit der Reise wegen der objektiven Gefahr am Urlaubsort.

Aktuell warnt das Außenministerium vor Erdruschen und Überschwemmungen in Italien. Dabei handelt es sich aber "nur" um einen Hinweis, keine offizielle Reisewarnung. Die beiden höchsten Warnstufen 5 und 6, die ein kostenfreies Storno leicht machen, werden nur selten und bei den größten Krisensituationen ausgerufen, wenn im betreffenden Land "Leib und Leben" eindeutig gefährdet sind.

Wenn allerdings Gefahr durch die Waldbrände droht, kann im Einzelfall ein Urlaub abgebrochen werden. Es kommt nicht unbedingt darauf an, ob es eine offizielle Reisewarnung gibt. Viel wichtiger ist, wo sich die Gefahrenquelle befindet und wie nahe Ihre Unterkunft liegt.

Wenn Sie bei Ihrer Pauschalreise schon vor Ort sind, sollten Sie den Reiseveranstalter kontaktieren. Das Unternehmen wäre dann bei Bedarf für den Rücktransport verantwortlich. Bei einer individuell gebuchten Unterkunft kommt es jeweils auf die Rechtslage des Landes der Unterkunft an. Sollten Sie vorzeitig abreisen, dann zuvor die Unzumutbarkeit des Verbleibs mit Fotos und Medienberichten dokumentieren, um im Nachhinein damit einen Rückerstattungsanspruch zu stellen. Ein guter Nachweis sind zum Beispiel ein wegen der Hitze oder Brände lokal ausgerufener Notstand.

Aufgrund Leistungseinschränkungen bei Pauschalreisen haben Sie Anspruch auf Preisminderung. Das können zum Beispiel inkludierte Tagesauflüge oder Besichtigungen sein, die wegen der Hitze oder Rauchentwicklung ausfielen.

Bei individuell gebuchten Unterkünften im Ausland ist die Lage einmal mehr komplizierter. Es gilt jeweils nationales Recht. Ein individuell gebuchter Flug ist nur dann stornierbar, wenn beispielsweise der Flughafen nicht erreichbar ist, oder Landung oder Abflug unmöglich sind.

Kostenloser Rücktritt bei Gefahr

Pauschalreisen 

Gegen Zahlung einer Stornogebühr können Sie bei Pauschalreisen immer vom Vertrag zurücktreten. Die Höhe der Stornogebühr wird nach wie vor im jeweiligen Vertrag, in der Praxis also in den AGB, geregelt. Der kostenlose Rücktritt ist nur dann möglich, wenn am Urlaubsort plötzlich Umstände auftreten,

  • die überraschend und unvermeidbar auftraten,
  • welche die Durchführung der Reise
  • oder Ihre Beförderung an das Reiseziel erheblich beeinträchtigen.

Nur wenn all dies zutrifft, müssen Sie keine Stornogebühr bezahlen.  Nach dem Wortlaut des Pauschalreisegesetzes kommt es primär auf objektive Kriterien der schweren Durchführbarkeit der Reise an und nur in Sonderfällen ist eine Einbeziehung von subjektiven Kriterien möglich. Je nach Lage vor Ort kann es unter Umständen Ansprüche auf Preisminderung geben, wenn manche inkludierten Leistungen hitze- oder waldbrandbedingt nicht erbracht werden können. 

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht dann ein Wegfall der Geschäftsgrundlage, der zu einem kostenlosen Rücktrittsrecht vom Reisevertrag führen kann, wenn der Antritt bzw. die Fortsetzung der Reise für durchschnittliche Reisende plötzlich unzumutbar wurde. Die Einschätzung über das Ausmaß der Gefahr kann sich dabei auf seriöse Medienberichte stützen. Ob ein Reiseveranstalter die Reise theoretisch noch durchführen kann, ist nicht ausschlaggebend. Auch ist eine kostenlose Umbuchung auf eine Alternativreise bei Gefahr am Urlaubsort im Gesetz nicht vorgesehen. Wenn die objektiven Umstände gegeben sind, können beide Geschäftspartner (Reisende als auch Veranstalter, sofern ein EU Unternehmen) sofort eine Auflösung des Vertrages samt Rückerstattung des Reisepreises geltend machen.

Zu Waldbränden gibt es allerdings auch ein altes Urteil des Handelsgerichts. Hierbei wies das Gericht die geforderte Kostenrückerstattung ab. Das Urteil schätzte die Waldbrände in 60 Kilometern Entfernung als nicht gefährlich genug ein. Es ist also ein juristischer Graubereich, der Ausgang hängt davon ab, wie groß das Gesundheitsrisiko oder die Leistungseinschränkung im Einzelfall bewertet werden.

Muss die Pauschalreise aufgrund eines Waldbrandes abgebrochen werden, muss der Reiseveranstalter laut Gesetz jedenfalls die Rückreise ohne Mehrkosten organisieren. Allfällige Preisminderungsansprüche aufgrund der Verkürzung der Reise kommen gegebenenfalls hinzu. Falls die Beförderung Teil der Pauschalreise ist, so muss der Veranstalter auch die durch eine verfrühte Abreise entstandenen Mehrkosten tragen.

Reisende haben aufgrund von Waldbränden oder extremer Hitze laut Gesetz keinen Anspruch auf einen zusätzlichen Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude. Das Gesetz schließt aus, wenn die „Vertragswidrigkeit“ auf unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.

Übersehen Sie nicht, dass Sie jederzeit die Möglichkeit haben, kostenpflichtig zu stornieren. Lesen Sie sich die Bedingungen in Ihrem Vertrag genau durch. Normalerweise steigen die Gebühren für eine Stornierung erheblich, je näher die Abreise rückt. Es ist daher abzuwägen, ob Sie abwarten, wie sich die Lage entwickelt und eventuell höhere Kosten riskieren, oder sofort stornieren.

Individualreisen

Für Individualreisende, die nur einen Flug oder ein Hotel u.ä. einzeln gebucht haben, ist die Lage noch etwas schwieriger. Bei reinen Flugbuchungen ist der Aufenthalt vor Ort nicht der Vertragsinhalt. Dass ein gebuchtes Hotel nicht bezogen werden kann, kümmert die Fluglinie nicht, sie hat Sie vertragsgemäß ans Ziel befördert. Bei reinen Hotelbuchungen gilt das Recht des Urlaubslandes. Liegt es außerhalb der EU, z.B. in der Türkei, dann gelten die Pauschalreiserichtlinie und andere Konsumentenschutzgesetze der EU nicht. Ist hingegen der Flughafen tatsächlich gesperrt oder das Hotel nicht zugänglich oder unbewohnbar, besteht vermutlich ein Anspruch auf Refundierung auch laut dem lokalen Gesetz. Nach österreichischem (Wegfall der Geschäftsgrundlage) oder italienischem Recht (Art. 1463 Impossibilità totale im Codice civile) wäre es bei Individualreisen wegen der Undurchführbarkeit der Leistung so. Die juristische Lage hängt also absolut vom Urlaubsland ab und ob man über ein österreichisches Unternehmen gebucht hat oder direkt beim ausländischen Unternehmen. Eventuell noch, ob dieses ausländische Unternehmen seine Angebote deutlich auf österreichische Kund:innen ausrichtet.

Bei Individualreisen kann es im Einzelfall einen Versicherungsschutz im Falle eines Reiseabbruchs geben. Ob so eine Reiseversicherung greift, hängt einmal mehr vom Einzelfall ab. Ganz bestimmt sollte man aber das Reiseunternehmen kontaktieren und sich um eine Kulanzlösung bemühen. Eventuell erreicht man eine volle Preiserstattung, Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt / Gutschein, oder eine Preisminderung. Dafür sollten Sie seriöse Medienberichte, Warnhinweise des Außenministeriums oder lokaler Behörden vor Ort sammeln, und so die Gefahr an der Destination für Ihre Argumentation gegenüber dem Unternehmen dokumentieren.

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