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Ring um internationalen Investmentbetrug mit binären Optionen zerschlagen

Bulgarisches Sonderkommando durchsucht ein Call Center
Sonderkommando durchsucht ein Call Center in Sofia Bild: Europol / Presseaussendung 11.10.2021

Erster Schlag 2021 enthüllt Methode und Teil des kriminellen Netzwerks

Die Behörden von Bulgarien, Zypern, Deutschland, den Niederlanden und der Ukraine führten im Oktober 2021 gegen eine wirtschaftskriminelle Gruppe  mehrere Hausdurchsuchungen in Bulgarien durch. Koordiniert wurde die Aktion von Eurojust und den Expert:innen gegen organisierte Wirtschaftskriminalität von Europol. Eurojust war 2004 von der EU zur Koordinierung von Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen zwischen nationalen EU-Justizbehörden eingerichtet worden und geht gegen schwere grenzüberschreitende und organisierte Kriminalität vor. Eine Task Force, gebildet aus Europol und nationalen Exekutivbeamt:innen der Mitgliedstaaten, aber auch von Drittstaaten (in diesem Fall etwa Israel, der Ukraine und Georgien) griff am Aktionstag orchestriert mit Einsatzkommandos an mehreren Orten gleichzeitig zu.

Wie die Ermittlungen zeigten, hatten die Drahtzieher:innen unter dem Deckmantel eines ukrainischen Finanzunternehmens mehrere Call Center im bulgarischen Sofia eingerichtet, welche Opfer anriefen und zu unechten Investments überredeten. Dieser als erster ausgehobene Teil des kriminellen Netzwerks hatte in etwa zwei Jahren vorwiegend deutsche Anleger:innen um mehr als 15 Millionen Euro gebracht. Opfer wurden mit professionell aussehender Online Werbung für Finanzdienstleistungen und Social Media Aktivität geködert. Das Netzwerk beschäftigte etwa 100 Leute in seinen Call Centern und betrieb über 250 Domainnamen. Wenn diese Verkaufsagent:innen anriefen, rieten sie zum Erwerb von nicht existenten binären Optionen. Dabei kamen Leitfäden mit Kernbotschaften und geplanten Gesprächsverläufen zum Einsatz. Wie sich herausstellte, war ein Großteil dieser Mitarbeiter:innen über die von ihnen vermarkteten Betrügereien gar nicht informiert. Im Kundenportal des Unternehmens wurden Opfer zu weiteren "Investitionen" verleitet, indem ihnen anfangs fiktive Gewinne angezeigt wurden. Die Kund:innen konnten gar keine Auszahlungen bekommen, die Investments waren nicht echt, die Gelder bereits veruntreut. Dies führte zu 246 Strafverfahren in 15 deutschen Bundesländern und dann zu den internationalen Ermittlungen.

Bärtiger Mann rauft sich die Haare, dahinter ein negativer Börsenkursverlauf
Binäre Optionen sind hoch spekulativ Bild: Evanof Schwarz / shutterstock

Was sind binäre Optionen eigentlich?

Aufgrund niedriger Zinssätze im Zeitraum kurz vor und seit der Pandemie fühlen sich Anleger:innen dazu verleitet, in hochriskante Finanzinstrumente wie binäre Optionen zu investieren. Bei solchen Optionen werden feste Geldbeträge als Garantie für riskante Finanzgeschäfte eingesetzt. Eine binäre Option ist somit ein extrem schnelles, simples und sehr riskantes Finanzinstrument, mit dem darauf spekuliert wird, ob der Preis eines Vermögenswerts in naher Zukunft steigen oder fallen wird, z. B. der Goldpreis, der Aktienkurs von Google, der Preis von Bitcoin, der Dollar - Euro - Wechselkurs etc. Die Zeitspanne der Spekulation beträgt nur bis zu 60 Sekunden, sodass pro Tag hunderte Mal spekuliert werden kann. Binnen Sekunden verliert man aber auch alles, wenn man auf das falsche Ergebnis spekuliert hat. Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) untersagt den Handel von binären Optionen mit Kleinanleger:innen aufgrund des hohen Risikos seit 2019. Außerdem sind binäre Finanzkonstrukte besonders betrugsanfällig und dies wird von Wirtschaftskriminellen oft missbraucht. Dieser Umstand hat sich auch in diesem Beispiel gezeigt.

Zweiter Schlag 2023 zeigt Dimension des Betrugs

Aus den Verhaftungen und beschlagnahmten Beweisen der ersten Aktion wurde klar, dass Teile des Netzwerks von anderswo dieselben Methoden weiterhin anwandten und viele weitere Opfer gefunden hatten. Daher fand heuer im März eine weitere koordinierte Aktion statt. 10 Hausdurchsuchungen und weiters Überprüfungen von fünf Call Centern in Bulgarien und Rumänien sowie weiterer Standorte in Georgien und Israel führten zu Verhaftungen. Die Fake Online-Investment Plattform hatte rund 89 Millionen Euro bei über 33 000 Opfern gestohlen. Auch diesmal forderten die Betrüger:innen ihre Opfer auf, zunächst kleine Beträge zwischen 200 und 250 Euro zu investieren. Mit gefälschten Grafiken und irreführender Software wurden hohe Gewinne vorgetäuscht. Anschließend riefen sogenannte Closer (Verkaufsagent:innen, die einen Geschäftsabschluss einleiten) an, gaben sich als persönliche Finanzberater:innen aus und versprachen höhere Gewinne. Statt Investments oder Guthaben auf der Plattform auszubezahlen, waren die einbezahlten Beträge jedoch einfach auf Konten der Kriminellen veruntreut worden.

Wir warnen Kleinanleger:innen eindrücklich davor, das FMA Handelsverbot mit binären Optionen durch internationale Handelsplattformen oder über Krypto-Börsen zu umgehen. Europol listet hier seine letzten Polizeiaktionen gegen angebliche Investmentfirmen, die vorgeben mit binären Optionen zu handeln.

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