"Meine 17-jährige Tochter hat auf meinem Computer zu Hause Musikstücke in einer Tauschbörse angeboten. Ich wurde über die IP-Adresse als Inhaber des Internetanschlusses ausgeforscht. Nun soll ich eine Unterlassungserklärung abgeben und eine hohe Summe zahlen. Meine Tochter hat die Tauschbörsensoftware ohne mein Wissen installiert und genutzt, ich kenne mich mit Computern nicht so gut aus, mir ist das nicht aufgefallen. Muss ich jetzt zahlen?"
Überwachung der Internetnutzung ist ohne Anlass nicht nötig
Ein ähnlicher Fall wurde bereits gerichtlich entschieden. (Die Ausforschung über die IP-Adresse war damals noch über das Strafgericht möglich.) Der Inhaber des Internetanschlusses ist nicht verpflichtet, seine Familienangehörigen oder Mitbewohner bei der Nutzung des Internets von vornherein zu überwachen, solange er keine Anhaltspunkte für eine illegale Nutzung des Anschlusses erkennt. Er haftet nicht automatisch für alle Rechtsverstöße, die über diesen Anschluss verübt werden.
Natürlich hat der Anschlussinhaber das "Werkzeug" bereitgestellt, mit dem der andere (z.B. ein Familienangehöriger oder ein WG-Mitbewohner) urheberrechtlich geschützten Inhalt über eine Tauschbörsensoftware anbietet. Nach der österreichischen Rechtsprechung genügt das aber nicht für eine Mithaftung.
Die Gerichte verlangen, dass man den Urheberrechtsverstoß des anderen bewusst fördert – und dazu gehört, dass man das rechtswidrige Geschehen kennt oder dass man zumindest eine Prüfpflicht verletzt hat. Diese Prüfpflicht ist allerdings nicht allumfassend. Solange der Eigentümer des Computers/Anschlusses nicht irgendwelche Anhaltspunkte für eine illegale Aktivität hat, muss er nicht laufend prüfen, was Mitbenutzer tun.
Wenn Post vom Anwalt kommt, muss man der Sache nachgehen
Sobald der Anschlussinhaber ein Aufforderungsschreiben des Rechteinhabers oder von dessen Anwalt erhält, muss er dem Vorwurf nachgehen, kontrollieren, was über seinen Internetzugang passiert, und die aufgefundene Tauschbörsensoftware von seinem Rechner entfernen (lassen).
Wie weit müssen sich Eltern überhaupt mit Tauschbörsen auskennen? Können sich Eltern damit verteidigen, dass sie nicht gewusst haben, dass die von der Tochter verwendete Tauschbörse illegal ist?
Die Gerichte haben in der erwähnten Entscheidung die Kluft zwischen technisch nicht so versierten älteren Menschen und der Internetgeneration berücksichtigt. Zumindest im Jahr 2008 setzten sie nicht als allgemein bekannt voraus, dass Eltern wissen, wie Internettauschbörsen funktionieren und dass der Upload von Dateien illegal ist. Das könnte schon heute – zumindest aber in ein paar Jahren – anders beurteilt werden, da die Medienberichterstattung und damit das Verständnis über Tauschbörsen zugenommen hat.
Keine Haftung unter 14 Jahren
Bleibt die Frage, ob Kinder und Jugendliche selbst für ihre Tauschbörsennutzung haften. (Dass der volljährige WG-Mitbewohner haftet, ist klar.) Wer noch nicht 14 Jahre alt ist, haftet nicht für Rechtsverstöße. Ab dem 14. Geburtstag haftet man grundsätzlich schon für eigenes rechtswidriges Verhalten.