
Probleme mit Visum oder ETA - Wer haftet?
Selbst gebucht? Selbst verantwortlich!
Wenn Sie Ihre Beförderung in ein Land mit Visumspflicht oder erforderlicher elektronischer Einreisegenehmigung (Electronic Travel Authetification) selbst buchen und Ihnen ein Fehler unterläuft, tragen Sie selbst die Folgekosten. Individualreisende sind verpflichtet, sich vorab über die benötigten Dokumente und Nachweise (z. B. Reisepass, Visum, Impfnachweise, Einreisebewilligungen, Vorhandensein ausreichender Geldmittel und Rückreisetickets etc.) zu informieren und diese mitzuführen. Wer seine Reise eigenständig bucht – sei es über eine Preisvergleichsplattform, direkt bei der Fluggesellschaft oder im Reisebüro ohne zusätzliche Leistungen – trägt selbst die Verantwortung für ETA, Visum und andere Einreiseformalitäten.
Das System ist nicht nur bei Fluggesellschaften, sondern auch z.B. bei Eurostar Zügen (via Eurotunnel nach Großbritannien) oder Fährverbindungen in Anwendung. Auch hier werden Daten über das APIS schon vor der Abreise geprüft. Dabei werden neben den persönlichen Passagierdaten auch der Bewilligungsstatus der ETA oder des Visums an die Einwanderungsbehörden weitergeleitet. Sind diese Angaben fehlerhaft oder unvollständig, blockiert das System das Boarding der betroffenen Person automatisch. Achten Sie daher darauf, dass Ihre Informationen korrekt und vollständig sind, um unerwartete Hindernisse zu vermeiden.
Fast alle Beförderungsunternehmen stellen auf ihren Webseiten oder im Online-Check-in unterschiedlich genau Informationen zu Einreisebestimmungen bereit. Nach einer Flugbuchung erhalten Passagiere meist ebenfalls eine E-Mail mit entsprechenden Hinweisen. Dies ist jedoch ein freiwilliger Service, keine gesetzliche Pflicht. Die Hinweise sind meist allgemeiner Natur und gehen nicht auf Ausnahmen ein. Typische Formulierungen wie „Nicht-österreichische Staatsbürger erkundigen sich bitte bei der Botschaft“ bleiben vage. Deutlicher wäre der Hinweis, dass Reisende mit einer falsch beantragten ETA oder Visum nicht an Bord gelassen werden. Im schlimmsten Fall scheitert die Einreise dann erst bei der Grenzkontrolle am Zielflughafen – und die sofortige Rückreise muss auf eigene Kosten erfolgen.
Anspruch auf ausreichende Information bei Pauschalreisen
Bei der Buchung einer Kombination aus mehreren Reiseleistungen, die zusammen bezahlt werden, muss laut Gesetz zunächst der Reisevermittler vor Vertragsabschluss und danach auch der Reiseveranstalter über alles Wesentliche der Reise informieren. Wenn Sie den Flug über eine Buchungsplattform kaufen, so gilt diese als Vermittlerin (wie das Reisebüro). Bei Online-Buchungen müssen Interessierte, sobald sie eine Reisedestination auswählen, schon dort über etwaige Einreisebestimmungen oder -einschränkungen erfahren.
Ein Reisevertrag gilt dann als abgeschlossen, sobald Sie die E-Mail-Bestätigung der Online-Buchung bekommen, oder wenn Sie vor Ort im Reisebüro eine Buchungsbestätigung erhalten. Sobald der Reisevertrag auf diese Weise als abgeschlossen gilt, muss (§4 PRG) dabei über Anforderungen und gegebenenfalls Änderungen der Einreisemodalitäten informiert werden. Diese Informationspflichten umfassen auch sämtliche Anforderungen an die Ein- aber auch für die Durchreise und auch die Bearbeitungszeit, welche Antragsteller:innen üblicherweise erwarten können. Das Gesetz bestimmt, dass die Reisenden darüber unaufgefordert und schriftlich informiert werden müssen.
Ein gutes aktuelles Beispiel dafür ist die Einführung der ETA für Großbritannien ab April 2025. Reisende, die z.B. schon vor einem Jahr bezahlt haben, und im Mai reisen werden, müssen über diese Einführung von den Reiseunternehmen schriftlich informiert werden - sofern das nicht bereits geschah.
Wenn Visavermittler Fehler machen
Für die Einreisebewilligung nehmen Viele die Services kommerzielle Visaagentur in Anspruch. Wie wir hier darlegen ist das generell nicht empfehlenswert. Wenn nun eine solche beauftragte Agentur bei der Erledigung der Einreisebewilligung den Fehler begangen hatte, stellt sich die Frage nach der Haftung bei hohen finanziellen Schäden. z.B. wenn die Reise nicht angetreten werden kann. Visaagenturen haben in allgemeinen Geschäftsbedingungen meist Klauseln, die eine Haftung ausschließen oder darin die Schadensdeckung (z.B. maximal 250 Euro) stark beschränken. Wenn die Vermittlungsunternehmen die leichte Fahrlässigkeit bei eigenen Fehlern mit derartigen Haftungsklauseln ausschließen, kann nur im Einzelfall geprüft werden, ob dies anfechtbar ist.

Doch was gilt, wenn Beförderungsunternehmen oder Reiseveranstalter über die nötigen Einreisemodalitäten nicht ausreichend aufklären? Oder wenn das Boarding der Fluggäste ungerechtfertigt abgelehnt wird, aufgrund von Fehlern der Angestellten der Fluggesellschaft? Folgende Fallbeispiele aus dem EVZ illustrieren die Rechtslage:
Eine Reisende aus Wien bucht über ein Reisebüro Flugtickets in die Karibik und zurück. In Madrid scheitert sie beim Boarding des Weiterfluges in die Dominikanische Republik: Der Inselstaat verlangt für die Einreise ein eigenes e-Ticket mit QR-Code, erlaubt dieses aber auch erst am Einreiseflughafen zu erledigen. Beim Check-in zum Weiterflug in Madrid bestand jedoch ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft Iberia darauf, die Dame ohne diesen QR Code nicht an Bord zu lassen. Die ältere Betroffene hatte Probleme beim Herunterladen des e-Tickets und legte es erst vor, als das Boarding schon am Schließen war. Da wurde sie abermals abgelehnt. Die Wienerin konnte sich kein anderes Flugticket leisten und musste nach Hause zurückreisen.
Rechtliche Einschätzung: Da die Dominikanische Republik die Erledigung von digitalen Einreiseformalitäten auch bei Ankunft an der eigenen Grenze gestattet, war die Verweigerung des Boardings durch die ausführende Fluglinie nicht rechtens. Somit steht der Geschädigten Folgendes zu: Erstattung der ungenutzten Flugscheine, sowie eine Ausgleichszahlung von 600 EUR gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Da keine alternative Beförderung angeboten wurde, auch die Übernahme der Rückreisekosten zum Ausgangsort der Reise nach Wien. Falls Sie Ausgaben für Erfrischungen beim Warten auf den selbst organisierten Rückflug belegen kann, auch davon eine Erstattung.
Eine Reisende und ihre Schwester wurden beim Boarding eines WizzAir-Fluges von Budapest nach Kairo abgewiesen, da sie angeblich ein Visum benötige. Tatsächlich war sie als jemenitische Staatsangehörige mit EU-Aufenthaltstitel von der Visumpflicht ausgenommen. Trotz mehrerer gültiger Dokumente, darunter ihr ungarischer Aufenthaltstitel und ein Reisepass mit früherem Einreisestempel nach Kairo, verweigerte das Airlinepersonal ihr Boarding. Ein Diplomat der Botschaft versuchte die Situation zu klären, wurde jedoch ignoriert. Die verärgerten Schwestern wurden schließlich sogar vom Flughafen verwiesen. Da WizzAir keine Lösung anbot, buchten sie auf eigene Kosten einen zwei Tage später stattfindenden Ersatzflug mit EgyptAir, mit dem sie problemlos nach Kairo reisen konnten.
Rechtliche Einschätzung: Das WizzAir-Personal war unzureichend über Ausnahmen der Visumpflicht informiert, weshalb die Verweigerung des Boardings unrechtmäßig war. Laut EU-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 haben die Reisenden Anspruch auf Erstattung der Ticketpreisdifferenz zwischen dem ursprünglichen Flug und dem selbst gebuchten Ersatzflug, sowie eine Ausgleichszahlung von 400 € pro Person. Zusätzlich muss die Airline für Kosten für Unterkunft (zB notwendiger Hotelaufenthalt) und Verpflegung aufkommen
In zwei voneinander unabhängigen Fällen des EVZ ging es um Familienreisen, die bei großen deutschen Reiseveranstaltern (TUI, DERTour) gebucht waren. Es handelte sich um Pauschalreisen im Wert von über € 2000, mit Flug mit Nouvelair nach Tunesien und einem Hotelaufenthalt. In beiden Fällen österreichische Reisegruppen mit einzelnen serbischen Staatsangehörigen. Da Serbien nicht zur EU gehört, benötigten die Betroffenen ein Visum für Tunesien. Normalerweise muss es drei Monate vor der Reise beantragt werden. Bei einem der beiden Fälle waren Familienangehörige sowohl bei der tunesischen als auch der serbischen Botschaft. Dabei wurde versichert, dass am tunesischen Ankunftsflughafen ein “Visa on arrival” ausgestellt wird. Dennoch verweigerte Nouvelair in beiden Fällen das Boarding. Selbst mit der schriftlichen Bestätigung der tunesischen Botschaft lehnte es der Reiseveranstalter zwei Tage später ab, eine andere Pauschalreise als Ersatz vorzuschlagen.
Rechtliche Einschätzung: Die Reiseveranstalter hatten die Kund:innen nicht ausreichend unterstützt, als die Fluglinie ungerechtfertigt das Boarding verweigerte. Es wurde keine alternative Beförderung angeboten, wozu die Reisebüros durch das Pauschalreisegesetz verpflichtet gewesen wären. Vereinfacht gesagt ist die beauftragte Fluglinie Erfüllungsgehilfin bei der Reisedienstleistung. In so einer Konstellation ist ein verweigertes Boarding damit vergleichbar, als hätte das Reiseveranstalter die Fluggäste nicht an Board gelassen. Entsprechend dem Pauschalreisegesetz wurde neben der Rückzahlung auch eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude gefordert.
Der Reiseveranstalter im ersten Fall gestand den Fehler außergerichtlich ein und erstattete die Kosten. Das Unternehmen des anderen Falles hat abgelehnt, der Fall geht an die Rechtsabteilung des VKI.
Tipp: Lesen Sie mehr zum erweiterten Schutz bei Pauschalreisen in unseren FAQs.
Zwei österreichische Reisende hatten bei einem deutschen Fernreiseanbieter (welcher gleichzeitig Reiseveranstalter war) eine Fernreise nach Indien gebucht. Kurz danach wurden ihre E-Visumanträge abgelehnt, da sie im Antrag den Beruf „Journalist“ angegeben hatten. Die indische Botschaft in Wien bestätigte, dass für Journalisten – auch bei privaten Reisen – ein spezielles Visum erforderlich sei, dessen Bearbeitung rund zehn Tage dauert. Für den bevorstehenden Reiseantritt war das aber zu spät. Das Reiseunternehmen empfahl daraufhin eine neue Antragstellung mit einer anderen (unwahren) Berufsbezeichnung. Auch diesen Antrag lehnte die indische Behörde ab. Abschließend stornierten die Betroffenen auf Anraten des Reisebüros die Reise. Nun wurde aber vertragsbedingt Stornogebühr i.H.v. 5700 € fällig, entsprechend 90 % der Reisekosten, die bei einem derart späten Storno anfallen.
Rechtliche Einschätzung: Laut Pauschalreisegesetz müssen sowohl Reiseveranstalter (Leistungserbringer) als auch die Reisevermittler (hier das Reisebüro) die Verbraucher:innen über die einzelnen Reiseleistungen, als auch die notwendigen Voraussetzungen korrekt und nach Vertragsabschluss noch gesondert informieren. Das Gesetz fordert in §4 allgemeine Informationen zu Visa des Bestimmungslandes und deren ungefähre Bearbeitungszeit ein. Da im konkreten Fall dem Reisebüro die Berufe der Reisenden nicht bekannt waren, aber auch die falsche Empfehlung gegeben wurde, ist ein Teilverschulden auf beiden Seiten gegeben. Die Reiseunternehmen einigten sich mit den Geschädigten außergerichtlich auf stark reduzierte Stornokosten.
Zwei Reisende buchten über die Reisebuchungsplattform ab-in-den-Urlaub.de eine Pauschalreise von TUI in die Dominikanische Republik im Wert von über 4.000 €. Beim Rückflug kam es zu einer unerwarteten Schwierigkeit: Die Reisenden hatten keine elektronische Reisegenehmigung (eTA) für Kanada beantragt, obwohl ihr Rückflug nach Europa dort eine Zwischenlandung hatte. Da eine kurzfristige Beantragung und Genehmigung der eTA am Flughafen unmöglich war, verpassten sie das Boarding. Die Betroffenen mussten unter erheblichem Zeitdruck und großem Stress eigenständig alternative und viel teurere Rückflüge organisieren und selbst bezahlen.
Rechtliche Einschätzung: Dem Reiseveranstalter wurde die mangelhafte Aufklärung über die Notwendigkeit einer eTa für den Transit durch Kanada aus zwei Gründen vorgeworfen; erstens war diese Information über die eTA nur in der Buchungsbestätigung enthalten. Dies entspricht nicht dem Pauschalreisegesetz, denn die Aufklärung hätte vor dem Vertragsabschluss erfolgen müssen. Zweitens war die Aufklärung über die Notwendigkeit einer eTA im Abschnitt zur Hinreise zum Flug Wien - Frankfurt gemäß § 864a ABGB unerwartet und somit versteckt platziert. In einer außergerichtlichen Einigung übernahm der Reiseveranstalter schließlich die halben Flugkosten i.H.v. etwa 1000 €.
Erkenntnisse aus den Problemfällen
Fehlerhafte Informationen der Reiseunternehmen können zu erheblichen Kosten führen. Speziell bei weniger geläufigen Kombinationen von Staatsbürgerschaften (z.B. aus kleineren Drittländern außerhalb der EU) ist das Personal an den Gates oder Check-ins über besondere Einreisebestimmungen und Ausnahmen nicht ausreichend unterrichtet und entscheidet im Zweifel “zur Sicherheit” gegen die Reisenden. Als einziges Gegenmittel (abgesehen von einwandfrei erledigten Dokumenten!) hilft es, über die eine:n selbst betreffende Ausnahme Bescheid zu wissen und sie bei Bedarf auch schnell nachweisen zu können. Sonst könnte Ihnen das Boarding ungerechtfertigterweise verweigert werden.
Reisebüros und Reiseveranstalter informieren fallweise unzureichend, was wiederum zu mangelhaften Einreisedokumenten oder fehlenden digitalen Freischaltungen führt. Sollte das bei Ihrer Pauschalreisen passieren, dann sollten Sie über die Not-Hotline Ihres Reiseveranstalters Bescheid wissen und diese anrufen. Dieser Notdienst sollte Ihnen eine alternative Lösung anbieten. Wenn sie im Regen stehen gelassen werden, bleibt der Trost, dass Sie sich an das Europäische Verbraucherzentrum wenden können, um zumindest nachträglich einen finanziellen Ausgleich zu erreichen.
Reiseversicherungen gegen Probleme mit Einreisebestimmungen?
Geschäftsreiseversicherungen oder spezielle Reiseversicherungszusätze bieten erweiterte Deckungen, die Kosten bei Einreiseverweigerung übernehmen könnten – aber das ist eher die Ausnahme! Manche Versicherungen könnten etwa Umbuchungskosten oder zusätzliche Unterkunftskosten tragen, wenn eine Panne beim Visum durch die Reisenden unverschuldet war.
Wenn Reisebüro oder Vermittler eine falsche oder unzureichende Information zur Visumpflicht gegeben haben und Betroffene dadurch einen finanziellen Schaden erleiden, könnte eine Haftung des Reiseunternehmens infrage kommen. In diesem Fall müsste die betroffene Person ihre Ansprüche direkt gegen das Reiseunternehmen geltend machen. Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben und Reiserveranstalter bzw. Reisebüro den Entschädigungsansprüchen nicht nachkommen, zahlt es sich aus an diesen Rechtsschutz zu wenden.
Kurzzusammenfassung
Individualreisen
- Reisende tragen die volle Verantwortung für korrekte Reisedokumente (Visa, ETAs)
- Fluggesellschaften verweigern bei Fehlern das Boarding
- Informationen der Airlines sind allgemein und freiwillig; eigene Recherche ist immer besser
Pauschalreisen_
- Reiseveranstalter und -vermittler haben umfassende Informationspflichten
- Reiseveranstalter haften für Fehler oder mangelnde Information
- Bei Problemen Notfall-Hotline nutzen und Ansprüche geltend machen
Außerdem beachten
- Einreisebestimmungen sind komplex, erfordern gute Vorbereitung und oft vorab erledigte digitale Einreiseformalitäten (eTA, E-Visa). Ungenauigkeiten werden nicht toleriert. Frühzeitig informieren und beantragen!
- Angaben lieber doppelt prüfen und etwaige Ausnahmen belegen können
- Einreisebestimmungen können sich kurzfristig ändern; Pauschalreisende müssen darüber von Reiseveranstaltern informiert werden, Individualreisende von Beförderungsunternehmen aber nicht
- Reiseversicherungen helfen in der Regel nicht bei Problemen mit Visum oder ETA