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Geoblocking Fallbeispiele

Von wegen fairer Handel. Zur Veranschaulichung der Geoblocking Problematik bringen wir typische Fälle wo Verbraucher:innen je nach Ort benachteiligt wurden. (Anmerkung: Dieser Artikel entstand vor der Einführung der Geoblocking Verordnung der Europäischen Union!)

Wer im Internet auf einer Website mit ausländischer Domain einkaufen möchte, blitzt allzu oft ab, weil die Firmen dies nicht zulassen. Wir fordern ein Ende des Geoblocking.

Preisunterschiede bei Produkten, die im ­nahen Ausland deutlich billiger angeboten werden als in Österreich, sorgen unter Verbraucherrinnen und Verbrauchern für Unmut. Davon zeugen auch zahlreiche Beschwerden unserer Leserinnen und Leser. "Wird österreich­ischen Kunden dann im Internet der Erwerb dieser günstigeren Angebote auch noch verwehrt, nur weil die Bestellung aus Österreich erfolgt, bringt das die Leute regelrecht auf die Palme", sagt Jurist ­Reinhold Schranz vom Euro­päischen Verbraucher­zentrum (EVZ) beim VKI.

Diskriminierung im Netz


Neudeutsch als "Geoblocking" wird diese Form der ­Diskriminierung im Internet bezeichnet, über die sich jedes Jahr Tausende von österreich­ischen Konsumenten ärgern. Schwerpunkte sind die Bereiche elektro­nischer Handel, Tourismus, digitale Dienstleistungen und Telekommunikation. "Einer Umfrage auf europakonsument.at zufolge, waren in Österreich fast 90 Prozent aller Konsumenten schon einmal von Geoblocking betroffen", so Schranz. Unternehmer, die, wenn es ihnen in den Kram passt, gerne von freiem Handel schwadronieren und das ­Hohelied der Marktwirtschaft singen, setzen im Onlinehandel auf knallharten Protektionismus. Es gebe, so Schranz, zwar keinen Zwang, Waren überall zum gleichen Preis zu verkaufen, aber: "Sobald die Möglich­keit zum Online-Preisvergleich besteht, sollten die Kunden auch dort einkaufen können, wo sie möchten." Reinhold Schranz kommt aus dem Aufzählen gar nicht mehr heraus, wenn er anfängt, die Fälle zu beschreiben, mit denen sich das EVZ immer wieder herumschlagen muss.

Tchibo


Alexander L. aus Wien will auf der deutschen Website www.tchibo.de eine Espresso­maschine bestellen, die dort inklusive Probierset mit acht Kapseln Kaffee portofrei um 49 Euro angeboten wird. Auf der österrei­chischen Website www.tchibo.de kostet das gleiche Modell 99 Euro und damit mehr als das Doppelte. Doch L. wird die Zu­sendung der Maschine nach Österreich verweigert. Das Unternehmen liefert via www.tchibo.de zwar in mehr als 20 euro­päische Länder, Österreich ist allerdings nicht dabei. Konfrontiert man Tchibo mit dem Sachverhalt, teilt der Konzern lapidar mit, dass in bestimmten Ländern wie Österreich, Ungarn oder Tschechien nur über dort gegründete Vertriebsgesellschaften bestellt werden könne.

Rechtlich gesehen ist es, so Reinhold Schranz, zulässig, dass Tochtergesellschaften für dieselben Produkte in unterschiedlichen Vertriebsregionen unterschied­liche Preise veranschlagen: "Sobald Konsumenten jedoch online Preise und Aktionen vergleichen und über den Online­shop einer anderen Vertriebsregion ein bestimmtes Produkt zu einem günstigeren Preis bestellen wollen, sollte dies möglich sein. Wenn wir im Ausland einkaufen, fragt uns an der Kasse auch niemand, wo wir wohnen."

Nikon


Um eine ganz andere Art von Geoblocking geht es im Fall von Peter S. aus Innsbruck. Die Firma Nikon GmbH bot beim Erwerb von Nikon-Objektiven bei Händlern mit Sitz in Deutschland innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine Rückerstattung von 100 Euro pro Objektiv an. S. erwarb Objektive zum Preis von fast 900 Euro. Danach reichte er bei Nikon Deutschland die Kaufunterlagen ein, um die versprochene Rückerstattung zu erhalten. Nikon teilte ihm daraufhin mit, dass die Teilnahme an der Cash-Back-­Aktion nur Konsumenten mit Wohnsitz und Bankkonto in Deutschland möglich sei. Der Kunde erhielt seine 200 Euro erst, nachdem das EVZ Österreich interveniert hatte.

Amazon


Auch der globale Onlinehändler Amazon versucht nicht nur, wenn es ums Steuersparen geht, aus Landesgrenzen einen Vorteil zu ziehen. Harald G. aus Wien wollte über www.amazon.de eine Digitalkamera zu 1.550 Euro bestellen. Nach Eingabe seiner Daten erhielt er allerdings die Meldung, dass die Kamera nicht nach Österreich geliefert werden könne. Nach Intervention des EVZ-Netzwerkes teilte das Unter­nehmen mit, dass hochpreisige Produkte mit einem Warenwert von über 1.500 Euro aus versicherungstechnischen Gründen nicht nach Österreich geliefert werden könnten. Für Verbraucherschützer Reinhold Schranz ein geradezu abenteuerliches ­Argument: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein weltweit tätiges Unternehmen, das seine Waren über Kontinente hinweg verschickt, aus versicherungstechnischen Gründen nicht nach Österreich liefert. Für uns liegt hier eine unzulässige Lieferver­weigerung vor." Nach der Intervention des EVZ war die Versicherung kein Thema mehr, Amazon verschickte die Kamera anstandslos nach Österreich.

Motorola


Dass die Landesgrenze oft nur als billiger Vorwand für einen "Österreich-Zuschlag" dient, zeigt das Beispiel Motorola: Harald Z. möchte ein Handy bestellen. Das Gerät ist auf der deutschen Website des Unter­nehmens erheblich günstiger zu haben als auf der österreichischen. Nachdem jedoch eine Lieferung außerhalb Deutschlands ausgeschlossen ist, gibt Z. die Adresse seines in München lebenden Onkels an. Die Zahlung wickelt er über PayPal ab. Kurz darauf erhält Z. eine E-Mail vom deutschen Händler, wonach die Bestellung ungültig sei. Auf Nachfrage erfährt er, dass diese Zahlungsart nicht akzeptiert werde. Da für den PayPal-Zugang ein österreichisches Konto hinterlegt sei, werde die Bestellung storniert. Verbraucherschützer Schranz geht klar von einer Ungleichbehandlung aufgrund des Wohnsitzes aus. Aufgrund der Verordnung zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforder­ungen für Überweisungen und Lastschriften in ­Euro, kurz SEPA-Verordnung, müsste der deutsche Anbieter auch den Einzug von einem österreich­ischen Bankkonto akzeptieren.

Dieser Artikel erschien im Testmagazin KONSUMENT in Zusammenarbeit mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI).

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