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Studie: Viele Webshops betreiben Geoblocking

Hürden des digitalen Binnenmarktes der EU

Die EU-Kommission hat sich in einer umfassenden Untersuchung unter anderem dem Thema Geoblocking gewidmet. Die ersten Ergebnisse wurden nun präsentiert.

Im Dezember des Vorjahres wurden insgesamt 10.296 Websites von Mysteryshoppern überprüft. Das Ergebnis: Bei lediglich knapp 37 Prozent der Webshops war es möglich, einen grenzüberschreitenden Einkauf erfolgreich abzuschließen. Bei allen anderen wurden die Mysteryshopper aufgrund von geographischen Beschränkungen am Abschluss eines Vertrages gehindert.

Arten von Geoblocking

Die EU-Kommission definiert in ihrem Bericht zur Untersuchung drei Arten von Geoblocking:

  1. Weigerung des Händlers, seine Waren/Services in einem anderen Mitgliedsstaat anzubieten.
  2. Automatisches "Re-routing", also Weiterleiten, auf die nationale Version der Website jenes Landes, in dem der Konsument seinen Wohnsitz hat (z.B. von www.händler.de auf www.händler.at).
  3. Anpassung von AGB und Preisen gemäß dem Wohnsitz des Konsumenten (Bsp: in einem Land wird ein Rabatt angeboten, im anderen jedoch nicht und dem Konsumenten ist es nicht möglich, den reduzierten Preis zu erhalten).

Alle drei Arten basieren auf Geoinformationen, die z.B. aufgrund der IP-Adresse, Lieferadresse oder den Bankdaten des Konsumenten gefiltert werden. Dementsprechend gibt es verschiedene Stadien eines Kaufprozesses, an denen es zu Geblocking kommen kann:

  • Der Zugriff auf eine Website wird verwehrt (z.B. durch das bereits erwähnte Re-routing)
  • Die oft notwendige Registrierung im Webshop wird verwehrt.
  • Die Lieferung an eine Adresse in einem anderen Mitgliedsstaat wird verwehrt.
  • Die Eingabe der Bankdaten bzw. die Zahlung mit dem gewählten Zahlungsmittel wird verwehrt.

Ziel der Untersuchung

Die EU-Kommission wollte herausfinden, wie präsent Geoblocking im europäischen Binnenmarkt generell ist und in welcher Form es verstärkt auftritt. Außerdem ob es Konzentrationen bei spezifischen Produkten/Dienstleistungen oder beim Handel zwischen gewissen Mitgliedsstaaten gibt.

Vorgehensweise der Mysteryshopper

Die Webshops sowie Produkte und Services wurden anhand des 2015 durchgeführten Digital Single Market Consumer Survey (Digitaler Binnenmarkt – Konsumentenumfrage) ausgewählt. Insgesamt wurden sechs Warensektoren und zwei Servicesektoren mit jeweils neun Websites pro Sektor überprüft. Außerdem wurden 143 Länderpaare gebildet.

Die Mysteryshopper haben jeweils zunächst die Version des Webshops gemäß dem Sitz des Unternehmers und anschließend gemäß dem Wohnsitz des Verbrauchers besucht. So konnte geprüft werden, auf welcher Version sie an welchem Schritt des Kaufprozesses gehindert werden.

Ergebnisse

Wie bereits erwähnt war es nur bei rund 37 Prozent der Webshops möglich, den Einkauf erfolgreich abzuschließen. Die untenstehende Grafik, entnommen aus dem Bericht der EU-Kommission, zeigt die jeweilige "Erfolgsrate" bei den unterschiedlichen Schritten des Kaufprozesses. Bereits die Registrierung auf der Website war bei nahezu 30 Prozent nicht möglich. Bei über der Hälfte wurden Lieferung oder Zahlung verweigert.


 
(Quelle: Europäische Kommission, "Mystery shopping on territorial restrictions and geo-blocking in the European Digital Single Market. Preview of key findings", März 2016, S.3)

Ergebnisse nach Ländern:

Die Studie hat gezeigt, dass über 80 Prozent der überprüften Händler aus folgenden Ländern Geoblocking betreiben:

  • Litauen, Ungarn und Bulgarien (90-100 Prozent)
  • Finnland, Estland, Polen, Slowakei, Slowenien und Rumänien (80-89 Prozent)

Konsumenten, die grenzüberschreitend Produkte oder Dienstleistungen aus einem anderen Mitgliedsstaat bestellen möchten, und einen Wohnsitz in einem der folgenden Ländern haben, begegnen laut der Studie oft geographischen Beschränkungen:

  • Lettland, Slowakei und Bulgarien (90-100 Prozent)
  • Estland, Litauen, Polen, Tschechien, Rumänien, Slowenien und Kroatien (80-89 Prozent)

An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass im Rahmen der Studie nicht geprüft wurde, welche Gründe dem Geoblocking zugrunde liegen und daher auch nicht, ob dieses gerechtfertigt ist oder nicht. Wie bereits erwähnt kann es durchaus eine legale Basis für geographische Beschränkungen geben, etwa aufgrund von Urheberrechten oder dem Verbot bestimmter Waren (Tabakwaren, Online-Glücksspiel) in anderen Mitgliedsstaaten. Im Rahmen der zehn Prioritäten von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker arbeitet die Behörde daran, die Gesetze der Mitgliedsstaaten soweit anzupassen, dass der grenzüberschreitende Handel im digitalen Binnenmarkt vereinfacht wird und solche Schranken nicht länger bestehen (siehe dazu die Rubrik "Digitaler Binnenmarkt" auf europakonsument.at).

Ergebnisse nach Sektoren / Produkten:

Es gibt große Unterschiede zwischen den Sektoren, wobei auffällig ist, dass die Produktsektoren wesentlich stärker von Geoblocking betroffen sind als die Dienstleistungssektoren. Am häufigsten versehen Webshops mit elektronischen Haushaltsgeräten (86 Prozent) ihr Angebot mit geographischen Beschränkungen, am seltensten Buchhändler (60 Prozent). Bei den beiden untersuchten Dienstleistungssektoren ist der Anteil wesentlich geringer – mit 33 Prozent bei Reiseservices und 40 Prozent bei Freizeitangeboten.

Weitere Ergebnisse:

Die Untersuchung der Mysteryshopper hat außerdem gezeigt, dass nicht nur zwischen den Sektoren, sondern auch innerhalb dieser Unterschiede in der Häufigkeit von Geoblocking bei einzelnen Produkten bestehen. Ein weiterer Faktor ist die Größe des Unternehmens. Große Einzelhändler neigen am häufigsten dazu, ihr Angebot geographisch zu limitieren (69 Prozent), wobei auch der Anteil von mittelständischen Anbietern bei über 50 Prozent liegt.

Den vollständigen Bericht der EU-Kommission finden Sie anbei zum Download sowie unter "Publikationen".

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