Kreditinstitute müssen bei vorzeitiger Kreditrückzahlung alle verrechneten Kosten anteilig rückerstatten - also auch die Bearbeitungsgebühr oder eine Vermittlungsprovision. Dies entschied der Europäische Gerichtshof.
Teil der Provision zurückgefordert
Ein Konsument musste in Polen für seinen Kredit eine Provision an die Bank zahlen. Nachdem dieser Kunde den Kredit vorzeitig zurückgezahlt hatte, verlangte er einen entsprechenden Teil dieser Provision von der Bank zurück. Nun gibt es die europäische Verbraucherkredite-Richtline. Sie sieht vor, dass bei vorzeitiger Kreditrückzahlung der Kunde das Recht auf eine anteilige Ermäßigung der Kosten hat.
Die Frage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) lautete daher: Gilt diese Bestimmung nur für laufzeitunabhängige Kosten, wie etwa eine monatliche Kontoführungsgebühr? Oder gilt sie z.B. auch für eine am Anfang zu zahlende Kreditbearbeitungsgebühr oder eine Vermittlungsprovision, also laufzeitunabhängige Kosten? In Zeiten niedriger Kreditzinsen werden solche Nebenspesen für die Bank immer wichtiger.
Keine Benachteiligung der Bank
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden: Es sind alle Kosten anteilig zurückzuerstatten. Dies wurde in Österreich bisher anders gehandhabt. Würde man die Ermäßigung auf die laufzeitabhängigen Kosten beschränken, so das Gericht, bringe dies die Gefahr mit sich, dass die Bank dem Verbraucher zum Abschluss des Kreditvertrags höhere einmalige Zahlungen auferlegt. Der Kreditgeber könnte versucht sein, Kosten, die von der Vertragslaufzeit abhängen, auf ein Minimum zu reduzieren. Dass der Kreditgeber durch die Ermäßigung sämtlicher Kosten benachteiligt werden könnte, schließt das Höchstgericht aus: Der Kreditgeber hat, so der EuGH, bei vorzeitiger Rückzahlung meist ein Recht auf finanzielle Entschädigung für die vorzeitige Rückzahlung. Außerdem erhält er den Kreditbetrag früher zurück, sodass er für einen neuen Kredit zur Verfügung steht.
Urteil auch in Österreich anwenden
"Bisher haben Banken in Österreich den Verbrauchern etwa die Kreditbearbeitungsgebühr bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht zurückgezahlt", so Dr. Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen im Verein für Konsumenteninformation (VKI). "Dies entspricht nicht der europäischen Verbraucherkredite-Richtlinie. Ob sich daraus für die Vergangenheit Ansprüche der Kreditnehmer gegenüber ihrer Bank ableiten lassen, ist denkbar. Das muss aber", so Gelbmann, "noch näher geprüft werden. Denn die österreichische Regelung erwähnt im Zusammenhang mit der vorzeitigen Kreditrückzahlung nur die laufzeitabhängigen Kosten. Für die Zukunft sollte gesetzlich jedenfalls schnell klargestellt werden, dass sämtliche Kosten, und damit auch laufzeitunabhängigen, bei vorzeitiger Kreditrückzahlung zu reduzieren sind."
Lesen Sie das Urteil im Volltext auf www.verbraucherrecht.at
Dieser Artikel wurde uns vom Verein für Konsumenteninformation zur Verfügung gestellt und erstmals am 13.09.2019 auf der Website des Testmagazins KONSUMENT veröffentlicht.