Strafe und Gegenklage
2021 wurde Valve Corporation, die Betreiberfirma hinter der weltweit größten Videospieleplattform Steam, sowie fünf Publisher (Videospielverleger), die ihre Titel auf Steam anbieten von der EU Kommission mit hohen Strafen belegt. Unseren detaillierten Hintergrundartikel zu diesem Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der EU finden Sie hier.
Nun haben in der EU jegliche Einzelpersonen, Unternehmen, europäische Einrichtungen oder ganze Mitgliedstaaten, die Möglichkeit gegen Handlungen der Organe der Europäischen Union Berufung oder Nichtigkeitsklage einzubringen. Wenn sie der Ansicht sind, dass eine Behörde ihrerseits gegen das EU-Recht verstoßen hätte und wenn die Klage begründet ist, wird der Rechtsakt nachträglich vom Gericht für nichtig erklärt. Im Mai 2021 nutze das US Softwareunternehmen Valve diese Möglichkeit und reichte eine Nichtigkeitsklage gegen die EU Kommission ein. Das abschließende Urteil darüber wurde nun letzte Woche veröffentlicht, die Klage wurde abgewiesen.
Urteil bestätigt alte Verfügung
Das Gericht stellte in der Causa CJEU - T-172/21 fest, dass die EU Kommission die Vereinbarungen oder die abgestimmte Verhaltensweise zwischen Valve und jedem der fünf Videospiel-Publisher bis Mitte der 2010er Jahre hinreichend nachgewiesen hatte, welches zu den Strafen von insgesamt 7,8 Millionen durch die Kommission geführt hatte. Diese Absprachen betrafen Aktivierungs-Keys für Videospiele, die vor allem in osteuropäischen und baltischen EU Ländern billiger verkauft worden waren. Der Einsatz solcher abweichender Produktschlüssel abhängig vom Standort der Käufer:innen hatte dazu geführt, dass unterschiedliche Voraussetzungen zum Kauf von Onlinecontent für Kund:innen aus verschiedenen EU Ländern geschaffen wurden. So ein Verhalten nennt man Geoblocking und dies ist in der Europäischen Union verboten. Bei einem Kaufabschluss im EU Binnenmarkt gilt, dass ein digitales Produkt unabhängig vom Wohnort für EU Bürger:innen funktionieren muss. Valve wollte wohl mit den lokalen Produktschlüsseln verhindern, dass Videospiele aus Länder-Stores mit niedrigerem Preisniveau von Käufer:innen aus wohlhabenderen Regionen billiger heruntergeladen werden könnten.
Argumentiert wurde in der Nichtigkeitsklage aber vor allem mit dem Urheberrecht. Valve und Co hätten auf diese Weise den parallelen Bezug der betroffenen Videospiele unterbunden und aus Copyright Gründen die von den Publishern erhobenen hohen Lizenzgebühren und erzielten Gewinnspannen geschützt. Diese Ansicht lehnte das Gericht aber ab. Zudem war es Valve auch nicht gelungen, die im Prozess angefochtenen Maßnahmen der EU Kommission in Frage zu stellen. Die Klagseite pochte in diesen Punkten darauf, die Strafen für die geheimen Absprachen von Valve und den Publishern sei wettbewerbsschädigend, und eine willkürlich bezweckte Beschränkung. Die angeblich wettbewerbsfördernden Auswirkungen des streitigen Geoblockings wies das Gericht somit deutlich als unrichtig ab.
Zudem betonte das Gericht in seiner Urteilsauslegung, dass Urheberrecht einerseits zwar erlaube, den Rechteinhabern durch den Verkauf von (Software-) Lizenzen den durch Copyright geschützten Gegenstand gewerblich zu vermarkten. Jedoch gestattet dies kein Verhalten, welches den höchstmöglichen Gewinn aus unnatürlich herbeigeführten Preisunterschieden zwischen abgesonderten nationalen Märkten zieht. Eine solche Abschottung und die Schaffung künstlicher Preisunterschiede sind mit der Verwirklichung des Binnenmarktes unvereinbar.
Links
Originaltext des Urteils
https://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?num=T-172/21
Presseaussendung zum Urteil auf Englisch
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2023-09/cp230147en.pdf