Finanzbetrügereien legen massiv zu
Krisen begünstigen gewisse Branchen während andere in Existenznot geraten. Im Pandemiejahr 2020 boomten Hardwarehersteller, Onlinehandel, Zustell- und digitale Dienste, während etwa Reisebranche, Tourismus und der Eventbereich dahinsiechen.
Das hat natürlich Finanzmärkte und dementsprechend Renditenerwartungen von Investoren durcheinander gebracht. Unerwartet große Gewinne wurden in unüblichen Sparten erzielt, die Marktdynamik war 2020 eine besondere. Konventionelle risikofreie Geldanlagen sind im Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre ohnehin kaum interessant, während Gold- und Kryptowährungen, sowie manche Rohstoffpreise 2020 einen Höhenflug hinlegten.
Nach dem Absturz der Börsenindizes im Frühling 2020 stiegen Aktiendurchschnittswerte gegen Ende des Jahres wieder. Wer am Tiefstand im April investiert hätte, könnte seinen Betrag beim Abstoßen zu jetzigem Stand in etwa verdoppeln. Mit diesen Informationen im Hinterkopf sind Erwartungen verknüpft, und die Bereitschaft Risiken bei hochspekulativen Investments einzugehen steigt.
Außerdem sind Krisen in der Regel der ideale Nährboden für Betrügereien aller Art.
Kleinanleger sind in der allgemeinen Verunsicherung eher geneigt zweifelhafte Investitionen oder dubiose Verbraucherkredite im Affekt abzuschließen. Zudem ist psychologisch erwiesen, dass verlockende Angebote auf Menschen unter Stress stärker wirken als sonst. Angebrachte Skepsis kann unüberlegten Handlungen weichen und im ungünstigsten Fall existenzbedrohend sein, wenn Opfer solcher Investmentgaunereien schon davor finanziell unter Druck standen.
So war 2020 das Jahr mit besonders vielen Investitionsbetrügen, wie die Finanzmarktaufsicht (FMA) bei größeren Finanzbetrügereien konstatiert. Die Zahl der Betrugsopfer hat sich 2020 im Vergleich zu 2017 verdoppelt. 42000€ pro geschädigter Person ist der durchschnittliche Verlust in Österreich, errechnete die FMA.
Die Warnplattform Watchlist Internet konstatiert, Menschen die üblicherweise nicht Finanzspekulation betreiben, wären in der angespannten Arbeitsmarktsituation zunehmend auf Investitionsplattformen aktiv. Angelockt werden sie durch Erfolgsgeschichten mit Prominenten, Werbevideos mit gefälschten News oder Testimonials von begeisterten Kleinanlegern, eigens eingerichteten Social Media Kanälen mit aktiven Betreuern, die anfangs nur geringe Beträge fordern.
Bitcoin und Co boomen wieder, trotzdem keine Garantie
Wir haben eine Tendenz dazu, uns von Nachrichten leiten zu lassen, die entweder am einfachsten verfügbar oder am prominentesten platziert sind. Soziale Ansteckung, Informationskaskaden und Herdenverhalten führen zu Schieflagen auf dem Finanzmarkt. In Kombination damit, dass Anleger Schwierigkeiten damit haben, sich gegensätzlich zum Verhalten von Mehrheiten zu entscheiden, entstehen so spekulative Blasen. Zu Weihnachten vor drei Jahren knackte Bitcoin zum ersten Mal die 20.000 $, um einige Tage später auf unter 3000 $ abzustürzen.
Wenn jetzt der Höchststand von Bitcoin jenseits der 30.000$ Marke in unzähligen Berichten prominent platziert ist, so ist ein erneuter Kursverfall vermutlich nur eine Zeitfrage.
Es ist aber nicht nur Bitcoin, auch Ethereum, Litecoin, Ripple, Tether und RPX performten im ausgelaufenen Jahr außerordentlich.
Nun abgesehen vom hohen Risiko von volatilen und hochspekulativen Finanzprodukten besteht aber eine andere Gefahr vor allem darin, dass die Kurserfolge von dubiosen Plattformen nicht an die betrogenen Anleger ausgeschüttet werden und stattdessen Einzahlungen in den anonymen Weiten des Internet verschwinden. Firmen wie etwa Global Pro Trader Ltd, Cmarket oder Finexics mit angeblichen Sitz beispielsweise in Luxemburg, England oder Zypern und mit ihnen das eingezahlte Geld sind dann nicht mehr greifbar.
Prüfen sie das Unternehmen, bevor sie investieren!
- Seien Sie skeptisch! Ist der Dienst überhaupt echt? Finger weg von Webseiten, die nicht mit einem https:// Verschlüsselungsprotokoll gesichert sind oder sie zu anderen Domains umleiten! Prüfen Sie vor dem Anklicken von Links wohin sie der Link verweisen wird.
- Hat die Firma eine Lizenz und einen Sitz in der EU oder einem Staat mit strengen Finanzmarktregulierungen? Gibt es auf der Webseite ein Impressum? Wenn nicht, sollte niemals Geld investiert werden.
- Fake Investment Apps scheinen in den Appstores regelmäßig auf und werden dann von Moderatoren wieder entfernt. Trotzdem gehen auf diese Weise tausende Opfer in die Falle. Warnzeichen sind Ungereimtheiten beim grafischen Branding oder Rechtschreibfehler. Führen Sie eine Internetrecherche nach Warnungen und Negativbewertungen durch, bevor Sie etwas installieren!
- Suchen Sie nach Warnung vor Firmen durch offizieller Stellen im Internet! Beispielsweise listen die österreichische FMA oder die amerikanische SEC unseriöse Finanzdienstleister. Die Watchlist Internet zeigt Beispiele aktueller Finanz-Scams.
- Achten sie beim Kryptowährungsanbietern darauf, dass deren Dienst auf der Blockchain-Technologie basiert. Nur so werden die Transaktionsdaten ausführlich protokolliert. Es ist ebenso wichtig, dass diese Unternehmen die Liquidität in der entsprechenden Währung und die Einhaltung der ICO-Regeln (Initial Coin Offering) nachweisen können. Fragen Sie im Zweifel bei der FMA nach!
- Die Unternehmen, in die Sie investieren, müssen über ein solides Unternehmenskonzept verfügen, um echte Probleme lösen zu können. Probieren sie vorerst eine kleine Einzahlung und versuchen sie diese bald zurück zu buchen. Ist eine Geldabbuchung überhaupt durchführbar?
Die Multi-Level Marketing Masche
Opfer sehen sich zusätzlich manipulative Erfolgsgeschichten auf Webseiten an, die unbekannte und schlicht unechte Anbieter etwa von Cyberdevisen anpreisen. Dabei wähnen sich die unbedarften Erstanleger in Sicherheit, wenn sie auf Sozialen Medien andere beim Investieren auf vermeintlichen Plattformen beobachten können.
Der Trend hin zu immer mehr Internetbetrug, wo unrealistische Gewinne dank unechter Insidertipps versprochen werden, hält weiter an. In Österreich machte 2020 diese Art etwa 60% der von der FMA erhobenen Betrugsfälle aus. Besonders häufig gehen Opfer Anrufern beim sogenannten Cold-Calling auf den Leim. Etwa 40% glaubten Anrufern die in Ausblick gestellten Gewinne und zahlten die geforderten "Investments" meist wiederholt ein.
Gründlich auf den Leim gegangen
Es läuft in der Regel so ab; angelockt von einem unrealistischen Gewinnversprechen lassen sich Anleger auf eine erste meist geringe Einzahlung ein. Jemand gibt sich als persönlicher Betreuer oder Betreuerin der vermeintlichen Investmentplattform aus und ergreift Kontakt, verspricht weitere Gewinne und ermuntert zu Einzahlungen von einigen hundert Euro. Dabei werden Beispiele großer Gewinne anderer Investoren in der gleichen Situation beschrieben.
Nach einer oder mehreren Einzahlung bei der dubiosen Plattform bekommen die Anleger langsam Zweifel. Die Betrüger setzen die Opfer unter Zeitdruck weitere Einzahlungen zu tätigen, um die Investition nicht zu verlieren. Das perfide an diesem System ist, dass bei vielen Opfern die Risikobereitschaft und die Hoffnung in das System mit der Höhe des bereits "angelegten" Betrags und der damit einhergehenden Realitätsverweigerung gemeinsam steigen.
Es geht noch schlimmer
Im schlimmsten Fall stimmen die Betrogenen, die feststellen, dass sie auf ihr Geld keinen Zugriff mehr haben dann der Aufforderung zu, mit Hilfe eines vermeintlich spezialisierten Rückholdienstes und der Bezahlung einer Servicegebühr den höheren ursprünglichen Betrag zu „retten“. Dies ist ein weiterer Trick zusätzliches Geld aus der Tasche zu ziehen.
Die Geschädigten werden aufgefordert eine Fernwartesoftware wie Anydesk auf ihrem Computer zu installieren, um mit dem Tool doch noch an das Geld zu kommen. Doch statt das Geld zurückgeholt zu haben, wurde im Endeffekt Cyberkriminellen sogar die Kontrolle über das eigene System überlassen.