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Smartphone mit virtueller Slot Machine auf dem Display
In Österreich wird trotz Verbot online viel bei ausländischen Glücksspielanbietern gezockt Bild: rawf8 / Shutterstock

Online Glücksspiel in Österreich

, aktualisiert am

Viele Betroffene in Österreich wissen noch nicht, dass sie Spielschulden, die sie bei ausländischen Spielbanken oder Onlinecasinos gemacht haben, rückfordern können. Diesen ausländischen Firmen fehlt die Lizenz in Österreich. Stolze 70% der weltweit erfolgreichsten Gambling Webseiten beziehen ihre Lizenz von nur 8 der wichtigsten Gerichtsbarkeiten für Online-Glücksspiele, sechs Länder davon erwirtschaften gar ihren Hauptgewinn aus der Glücksspielindustrie. In der EU reduziert sich die Zahl der relevantesten Akteure auf Malta, Gibraltar, Curaçao und die britischen Kanalinseln. Dass Glücksspiel bei ausländischen Onlineanbietern in Österreich illegal ist, kümmert die meisten Spieler erst, wenn sie von ihren Entschädigungsansprüchen erfahren. Unser Artikel klärt über Hintergründe auf und weist Geschädigte gegen Ende des Textes auf Möglichkeiten zum Zurückholen des verlorenen Geldes hin.

Gesetzeslage im Inland

Im österreichischen Glücksspielgesetz (GSpG 1989) ist quasi ein Monopol definiert, wo nur teilstaatliche Betreiber auch für das Glücksspiel im Internet Konzessionen bekommen. Mit dem sogenannten “Kleinen Glücksspiel” sind Spielautomatenhallen gemeint und es gibt Schutzbestimmungen der einzelnen Bundesländer. Diese haben Einschränkungen bei Höchsteinsätzen zwischen einem und zehn Euro pro Spiel (mit Auswirkung auf mögliche Höchstgewinne), der  maximalen Spieldauer von bis zu 2 Stunden und eingeschränkten Öffnungszeiten pro Tag. Derzeit limitiert das Bundesgesetz eine Höchstgrenze am Hardware Automaten, mit einer Betätigung können maximal zehn Euro verspielt und dabei höchstens 10.000 Euro gewonnen werden. Ein Spiel muss laut Gesetz mindestens eine Sekunde dauern, einen im Bundesgesetz definierten Maximalverlust gibt es jedoch nicht. Schon lange kritisieren Suchtexperten die große Abhängigkeitsgefährdung, die bei einer so schnellen Spielabfolge eintritt. Einige Bundesländer haben auch einen Höchstverlust von etwa 500 € pro Spieltag und Person den lokalen Spielbanken und Automatensalons auferlegt. All diese Einschränkungen gelten für die 15 Lizenznehmer der regulären Casinos nicht, allerdings sind diese Lizenzen alle in der Hand der staatlich kontrollierten Casinos Austria AG, bei der das Finanzministerium über die staatliche Beteiligungsagentur ÖBAG im Aufsichtsrat vertreten ist.

Die einzig zugelassene österreichische Spielplattform im Internet ist win2day.at und diese ist wiederum im Besitz der vereinigten österreichischen Glücksspiel Konzessionäre (CasAG) und der österreichischen Lotterien. Diese Plattform bietet Sportwetten, Lotto, Bingo, Kartenspiele, virtuelle Slot-Machines und Live Dealer (Croupier ist per Video zu sehen) an. Auch win2day steht in der Kritik die erwähnten Spielerschutzmaßnahmen wie Zeit- und Geldlimits nicht ausreichend implementiert zu haben. Online Sportwetten sind in Österreich auch ausländischen Buchmachern erlaubt und für inländische Anbieter in Landesgesetzen der Bundesländer (Überblick) definiert. Spielergewinne aus Glücksspiel müssen in Österreich nur versteuert werden, wenn es das Haupteinkommen einer Person ist.

Da Online-Glücksspiel bei ausländischen Casinos auf nationaler Ebene als illegal gilt, kann eine Zuwiderhandlung strafrechtlich verfolgt werden. Allerdings konzentriert sich die österreichische Exekutive dabei auf Internetanbieter und nicht auf Spieler. Bis heute wurden keine Spieler zur Rechenschaft gezogen und eine Verfolgung bleibt bislang unwahrscheinlich. Es überrascht deshalb nicht, dass die Online Konkurrenten des österreichischen Lizenzinhabers win2day wie zum Beispiel Bwin, Mr. Green, LeoVegas, Interwetten Casino oder Pokerstars hierzulande aufgrund massiver Werbung bekannt sind und trotz formeller Illegalität dennoch viele Spieler finden.

Deutschland liberalisierte heuer sein Glücksspiel

Seit Anfang Juli 2021 gilt in Deutschland der neue Glücksspielstaatsvertrag und seitdem dürfen deutsche Sportwettenanbieter und Online-Casinos im Besitz einer deutschen Lizenz, ganz legal Spieler aus ganz Deutschland bedienen. Es gibt eine Whitelist der Regierung, für eine schnelle Übersicht der aktuellen Lizenzinhaber. Bis dahin war das Spielen eine gesetzliche Grauzone, nun dürfen virtuelle Automatenspiele („Slot Machines“) und Online-Poker von deutschen Unternehmen bundesweit angeboten werden. Allerdings betrifft diese Legalisierung nach wie vor die österreichischen Spieler nicht, für sie gilt weiterhin das inländische österreichische Monopol und das Spielen bei ausländischen Anbietern bleibt formell illegal. Trotz des neuen Gesetzespaketes ist in Deutschland der erhoffte Effekt in der Praxis ausgeblieben, wie unsere Kollegen vom EVZ Deutschland monieren. Ausländische Casinos führen mit unklaren Angaben deutsche Spieler weiterhin an der Nase herum, was die Legalität betrifft und die reale Situation mutet weiterhin ähnlich dem an, was in Österreich zu beobachten ist. Weitere Gründe dafür mögen auch sein, dass das zentrale technische Sperrsystem OASIS, welches Spieler nach einer erlaubten Zeit aus einem Spiel entfernen soll noch nicht richtig funktioniert, und dass die neue zentrale deutsche Aufsichtsbehörde erst 2023 eingerichtet sein wird. Die entsprechenden Kompetenzen liegen weiterhin provisorisch auf Ebene der deutschen Bundesländer und überfordern die Behörden.

Internationale Online Glücksspielangebote

Smartphone Display zeigt "Gambling Commission" und britischer Flagge, im Hintergrund Tastatur und Spielwürfel
Bild: Ralf Liebhold / Shutterstock

Da es in Österreich ein Quasimonopol gibt, und in Deutschland bis vor Kurzem ebenfalls ein restriktives Glücksspielgesetz galt, wo nur Schleswig-Hollstein lokale Lizenzen vergeben durfte, entstand im deutschen Sprachraum des Internets eine eigentümliche Situation auf dem Glücksspielmarkt. Es gab und gibt im Netz durchaus auf das deutschsprachige Publikum zugeschnittene Angebote, deren Betreiber aus der Fremde operieren.

Diese Onlinecasinos, Spielbanken, Buchmacher, Softwarehersteller und Sportwettenanbieter haben ihren Sitz vorwiegend in Malta oder Gibraltar, den zwei erfolgreichsten Anbietern von Glücksspielkonzessionen weltweit. Dank den ökonomischen Freiheiten der EU ist es für digitale Unternehmen leicht ihren Firmensitz dort zu wählen, wo Gesetze und Steuersätze den höchsten Profit versprechen. Der zweite Faktor ist das leichte Werben in Märkte hinein, in welchen die Anbieter aufgrund nationaler Gesetze eigentlich gar nichts zu suchen hätten. Mit irreführender Werbung und unvollständigen Information wird Spielern in diesen geschützten Märkten suggeriert, bei der Nutzung der widerrechtlichen Angebote nichts Illegales zu tun. Einige Länder wie z.B. Frankreich versuchen durch Netzsperren ausländische Betreiber vom heimischen Markt fernzuhalten und Franzosen durch Konfiskation ihrer im Ausland erzielten Spielgewinnen zu demotivieren. Besonders Italien kämpft mit seinen 400.000 Spielsüchtigen gegen Windmühlen an. Auch in Großbritannien ist Glücksspiel sehr beliebt, rund ein Drittel der Bevölkerung spielt laut Aufsichtsbehörde wöchentlich, etwa 100.000 arbeiten in der Glücksspielindustrie, die Branche erzielt dort jährliche Einnahmen von mehr als 14 Milliarden Pfund (2019). Der Anteil der Firmengewinne aus Onlineprodukten macht mehr als ein Drittel aus und steigt stetig. Großbritannien vergibt Lizenzen standortunabhängig auch an ausländische Unternehmen.

Warum EU Onlinecasinos meist von Inseln aus operieren

Treff Ass Spielkarte mit Umriss von Malta
Bild: EVZ Österreich

Malta

Der maltesische Staat steht dem Glücksspiel traditionell freundlich gegenüber. Die Malta Gaming Authority (MGA) ist bis heute europaweit jene Behörde, welche die meisten Online Glücksspielkonzessionen vergeben hat. Malta trat 2004 der EU bei und führte als erstes Land Gesetze über Online-Glücksspiel ein und verkaufte bereits im Gründungsjahr der MGA vor allem auch schon die ersten Konzessionen an einschlägige Softwarehersteller.

Dies führte zur frühen Ansiedelung von spezialisierte Softwarefirmen, die unter günstigsten Voraussetzungen sehr stark gewachsen sind, und nach einem Branchenboom nun weltweit Glücksspiel anbieten. Laut dem bekanntesten Wirtschaftsmagazin Forbes wirtschaften rund 10% aller Glücksspielunternehmen der Welt auf Basis von MGA Konzessionen. Die maltesischen Regelungen im Online-Glücksspielsektor von 2004, die bislang nur von außereuropäischen Offshore Steuerparadiesen wie Curaçao  angeboten wurden, wurden in Folge von anderen imitiert. Die Antragsstellung für eine Glücksspielunternehmung in Malta kostet 5000, die Bearbeitungsgebühr für eine Onlinecasino 40.000 und für einen Softwarehersteller 100.000 Euro. Nach bewilligtem Antrag führen Glücksspielanbieter mindestens 25.000 Euro feste Gebühren im Jahr ab, weiters je nach Umsatzhöhe und Lizenzart schwankt die Steuer auf Spielgewinne zwischen 0,4 % und 5 %. Normale Unternehmenssteuern kommen dann noch hinzu. Allein aus diesen Abgaben fließen 1,4 Milliarden Euro ins Budget und 12% des maltesischen Bruttoinlandsproduktes werden aus der Glücksspielbranche bestritten. Dass diese Geldmengen Korruption und Abhängigkeiten begünstigt, und Malta mit den Geldvolumen aus dem Graubereich des Glücksspielbooms nicht mehr klarkommt, zeigt sich an den Skandalen, die den Inselstaat in den letzten Monaten heimsuchen. Hatte vor rund 20 Jahren zwei Casinos eine Onlinelizenz, so wurden bis heute über 300 Unternehmen daraus, die mit derselben Lizenz operieren. Vor dem Hintergrund der öffentlichen Untersuchung der Ermordung der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia wurde Malta im Frühjahr von einer Reihe von Skandalen erschüttert. In der Folge wurde der ehemalige Anti-Korruptionsbeauftragte der maltesischen Glücksspielbehörde Farrugia selbst wegen Korruption angeklagt. Unterdessen werfen Anti-Mafia-Staatsanwälte aus Italien der von der maltesischen Glücksspielbehörde lizenzierten Website RaiseBet24.com vor, über 60 Millionen Euro für die Cosa Nostra gewaschen zu haben. Weitere Skandale umfassen  Steuerhinterziehungen durch einen russischen Oligarchen in Millionenhöhe und eines von der Malta Gaming Authority entlassenen Whistleblowers, der 150.000 Dokumenten leakte, die nahelegen, dass in Malta ein Steuervermeidungssystem für “Kunden” aus der ganzen EU aufgebaut wurde.

Pik Ass Spielkarte mit Umriss von Gibraltar
Bild: EVZ Österreich

Gibraltar

Die 6,5 Quadratkilometer große Enklave Gibraltar an der Südspitze Spaniens unterliegt britischem Recht. Großbritannien hat den Ruf das “härteste” Glücksspielgesetz in Europa zu haben. Diese Ruf gründet sich aber weniger auf eine schwierige Lizenzvergabe, sondern vielmehr darauf, dass die UK Gambling Commission fallweise hart durchgreift und wiederholt Millionenstrafen z.B. wegen Geldwäsche oder mangelhafter sozialer Verantwortung verhing.

Ein Jahr nach Malta führte Gibraltar 2005 den Online Gambling Act nach maltesischem Vorbild ein. So hat Gibraltar eine für Anbieter unwiderstehlich attraktive Steuersonderregel geschaffen und unterbietet damit sogar Malta. Es sind nur 1% Einkommensteuer zu zahlen, die Mehrwertsteuer fällt in dieser Branche sogar komplett weg. Ansonsten müssen noch 0,15 % vom Bruttospielertrag (Casinoeinnahmen nach Abzug der ausgezahlten Spielergewinne) an den Staat abgeführt werden. Die Gibraltar Licensing Authority lässt sich die beliebten Lizenzen 100.000 Pfund pro Jahr kosten, und passt diese entsprechend sieben Branchenkategorien an die Leistungserbringung der Antragsteller an. Somit ist Gibraltar in der Gesetzgebung noch flexibler als Malta und konnte so multinationale Glücksspielkonzerne anlocken. Stolze 40% des Bruttoinlandsprodukts generiert Gibraltar mit dem Glücksspiel und fährt für das Vereinigte Königreich satte Nettogewinn ein.

Herz Ass Spielkarte mit Umriss von Curacao
Bild: EVZ Österreich

Curaçao

ist eine ehemalige niederländische Kolonie in der Karibik (Niederländische Antillen). Der kleine Inselstaat etwa 60 Kilometer nördlich von Venezuela gehört zwar nicht zur EU, ist aber als extraterritorialer Teil des Königreichs Niederlande dazu berechtigt seine e-Gaming Lizenz auch in Europa anzubieten. Auch hier haben die Einkommenssteuern mit nur 2% und das Fehlen einer Mehrwertsteuer früh zur Ansiedlung von internationalen Spielbanken und Buchmachern geführt. Die Insel vergibt schon seit 1996 Online Glücksspiellizenzen und war somit eine der ersten weltweit.

Für rund 30.000 Euro einmalig und monatlichen Gebühren von rund 5.000 Euro können Investoren eine sogenannte Master Lizenz erwerben und diese sogar an Unterfirmen weitervergeben. Im Vergleich etwa zur britischen Lizenz soll die Prozedur der Lizenzprüfung ungemein viel simpler sein. Sie hat den Ruf zwar leicht zu bekommen aber durch eine fehlende Überprüfung der technischen Systeme der Anbieter minderwertig zu sein. Im Unterschied zur Praxis auf Curaçao ist es in anderen Ländern üblich, dass Behörden vor einer Lizenzvergabe die IT Systeme der Antragsteller für Onlinecasinos durch zertifizierte unabhängige Drittfirmen überprüfen lassen, um sicherzustellen, dass Gewinne an Spieler auch tatsächlich ausgezahlt werden und dass Spielresultate in zufallsbasiertem Glücksspiel technisch möglichst nicht manipuliert werden können. So haben in der Vergangenheit von Curaçao  lizenzierte Casinos plötzlich illegale Praktiken an den Tag gelegt, Geld gestohlen oder sind von einem Tag auf den anderen verschwunden. Sogar manche Branchenwebseiten, die üblicherweise unreflektiert Interessen der Glücksspielindustrie wiedergeben, raten Spielern generell von Lizenznehmern aus Curaçao ab. Die Curaçao Lizenzbehörde mischt sich nicht in Streitigkeiten zwischen Spielern und Betreibern ein, Emails von Geschädigten werden von der Behörde angeblich nicht bearbeitet. So ist aus Sicht eines Spielers eine Lizenz von Curaçao eher ein Warnzeichen als ein Indiz für Qualität oder Schutz. Kurioserweise bietet die Vergabebehörde in Curaçao  Anwärtern sogar technische Infrastruktur wie Cloud Dienste und Server an, sieht sich selbst also auch in der Rolle eines Dienstleisters und weniger in der Rolle eines Kontrollorgans. Hunderte Onlinefirmen mit Glücksspielangeboten haben ihren Firmensitz in Curaçao und bieten virtuelle Spielautomaten, Roulette, Blackjack, Video Poker, Wetten auf Fantasy-Sports und andere Formen virtuellen Gamblings.

Karo Ass Spielkarte mit Umrissen von Isle of Man und Alderney
Bild: EVZ Österreich

Isle of Man & Alderney

Beide zum Vereinigten Königreich gehörende Inseln stellen europaweite Glücksspiellizenzen aus. Das acht Seemeilen von Frankreich entfernt liegende Alderney prüft Lizenznehmern auf technische und finanzielle Voraussetzungen. So müssen die Lizenznehmer immer einen Cash Vorrat zur Verfügung haben, der höher ist als die aktuell gespielten Wetteinsätze aller Spieler und die Liquidität des Unternehmens darf 25% der Verbindlichkeiten nicht unterschreiten. Somit soll sichergestellt werden, dass sich ein Skandal, der 2011 von der US Firma “Full Tilt Poker” ausgelöst wurde, nicht wiederholt.

Damals wurde den Amerikanern die Lizenz entzogen, nachdem Spieler in einem Pyramidenspiel um mehr als 400 Millionen Dollar gebracht wurden. Abhängig vom Profit bewegen sich die jährlichen Lizenzgebühren auf Alderney zwischen 35.000 und 140.000 Pfund. Die Isle of Man auf halbem Seeweg zwischen Großbritannien und Irland verfährt hier kostenseitig und prozedural ähnlich. Interessanterweise erhielt “Full Tilt Poker” nach dem Lizenzentzug in Alderney eine neue auf der Isle of Man. Die andere Kuriosität ist, dass Firmen umso geringere Steuersätze entrichten müssen, je mehr Jahresumsatz sie erzielen. Somit operieren heute die weltgrößten Online-Poker Anbieter von ebendort aus. Ebenso ist die Insel eingetragener Hauptsitz des weltgrößten Softwareherstellers Playtech, der Casinos und Spielbanken mit Software versorgt und weltweit tausende Programmierer beschäftigt.

Wo gilt nun welche Lizenz?

Viele EU-Länder haben bis heute keine Regulierung über Online Glücksspiel eingeführt, die Gesetzgeber haben es verabsäumt mit den Netzangeboten aus dem Ausland mitzuhalten und gerade dort können Onlineanbieter mit sogenannten Offshore-Berechtigungen (zB einer Malta Lizenz) auch aktiv sein. Das gilt seit dem Brexit auch für die extraterritorialen britischen Lizenzen (Alderney, Gibraltar und Isle of Man) sofern es eine reguläre Firmenniederlassung auf EU Territorium gibt. Im Gegensatz zu Ländern ohne gesetzliche Einschränkungen des Online Glücksspiels sieht es z.B. in Österreich oder Spanien ganz anders aus. Dort wo der Markt streng reglementiert ist, gelten solche Offshore Lizenzen nicht.

Dass heimische Spieler nun an einem virtuellen einarmigen Banditen sitzen, der aus dem Ausland “betrieben” wird, ist ihnen aber oft gar nicht klar oder egal, solange ihnen nicht bewusst ist, dass sie bei Lizenzen, die in Österreich nicht gelten, ihre Spielverluste anfechten und mittels Klage zurückfordern könnten. Die Webseite ist in perfektem Deutsch gestaltet, wenn man nicht darauf achtet, ist nicht zu erkennen, dass das verspielte Geld ins Ausland fließt.

Monopol oder EU Dienstleistungsfreiheiten?

Ob das österreichische Glücksspielmonopol im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit der EU steht, beschäftigte schon öfter die höchsten juristischen Stellen. In einem konkreten Klagsfall entschied der österreichische OGH im Juni 2021 im Sinne des Privatklägers gegen die Casinobetreiber mit Sitz in Gibraltar. Ein österreichischer Privatkläger hatte bei Glücksspielen über 1000 € verloren und die Rückzahlung dieser bezahlten Spielverluste eingeklagt, da die Anbieterin in Österreich keine Konzession hat und hierzulande ihre Gibraltar Lizenz nicht anwenden darf.

Die beklagte Firma aus Gibraltar focht die Klage allerdings beim Obersten Gericht an. In ihrem Revisionsantrag wurde argumentiert, dass Österreich mit seinem Glücksspielmonopol gegen Unionsrecht verstößt, indem der Staat wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen setze und weil Online-Sportwetten und Online-Glücksspiele gesetzlich ungleich streng geregelt seien. Der OGH folgte dieser Ansicht nicht, lehnte die Anfechtung ab und bestätigte das Urteil im Sinne des Klägers aus erster Instanz.

Begründet wurde die Ablehnung folgendermaßen: Auch Sportwetten oder das Aufstellen von Geldspielautomaten sind in Österreich nicht vollständig liberalisiert und unterliegen landesrechtlichen Einschränkungen, daher bestehe keine große Diskrepanz zum staatlichen Glücksspielmonopol. Weiters besteht keine Unionsrechtswidrigkeit zum österreichischen Glücksspielgesetz, welches der Senat des EuGH schon wiederholt bei seiner Beschäftigung mit dem GSpG und den Ausnahmen zur Dienstleistungsfreiheit ausreichend bestätigt hat und weil er die nationalen Einschränkungen zum Schutz der Spieler als rechtmäßig einschätzt.

Auch der Österreichische Verfassungsgerichtshof kam nach einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH zu folgendem Schluss (B 887/09): Eine Glücksspielkonzession, die in einem EU Land ausgestellt wurde, und dort gültige Rechte und Pflichten erfüllt, reicht nicht aus, die in einem anderen EU Land geltenden Maßnahmen zur Vorbeugung von Spielsucht und den damit verbundenen Anstieg von Kriminalität aufgrund von Spielschulden ausreichend zu garantieren. Der Gerichtshof weist hier insbesondere auf aggressive und expansionistische Online-Werbetätigkeit der ausländischen Konzessionäre hin.

Der letzte Versuch das österreichische Glückspielgesetz anzufechten, wurde durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH 01.03.2022, G365/2021) abgelehnt. Diesmal  wurde von den Klägern angestrebt, die Zuordnung von (Online-)Poker zum Glücksspiel in Österreich (und somit unter die Monopolregelung durch den Bund) als verfassungswidrig und ebenso die beschränkte Zahl der vergebenen Lizenzen als unionswidrig darzustellen. Der Gerichtshof schloss sich der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur an und bestätigte abermals, dass das Österreichische Glückspielgesetz unverändert mit entsprechenden  EU Verordnungen vereinbar ist.

Gesamtgesellschaftliche Probleme

Sowohl Nationalstaaten als auch die EU versuchen abträgliche Auswirkungen des Glücksspiels auf die Gesellschaft einzudämmen. Im Spielerschutz sind Suchtprobleme und Beschaffungskriminalität, um Spielschulden bedienen zu können, als auch der Schutz von Minderjährigen die Schwerpunkte. In Österreich verschulden sich über drei viertel aller Spielsüchtigen. Die Statistik sagt, dass bei etwa 64000 Österreichern Probleme mit Glücksspiel zu Tage treten. Diese sogenannten “Problemspieler” sind in offiziellen Casinos gesperrt.

Ebenso stehen die Verhinderung von Kriminalität und betrügerische Aktivität von Online-Anbietern im öffentlichen Fokus der Behörden. So wird Glücksspiel immer wieder für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht, wie zum Beispiel das EuGH Urteil über die Jyske Bank in Gibraltar aufzeigt. (C-212/11, Jyske Bank Gibraltar, Rn 62)

Spielerbeschwerden

Das EVZ Österreich hat immer wieder Anfragen von heimischen Glücksspielern mit Verlusten in Malta oder Gibraltar. Die häufigsten Beschwerden und Hilfeanfragen lassen sich folgend aufgliedern:

  1. Wenn Spieler höhere Geldsummen verloren und über die Lizenzproblematik der ausländischen Online-Casinos erfahren haben
  2. Gewinne werden manchmal nicht ausbezahlt
  3. Andere Beschwerden betreffen beispielsweise von Anbietern stornierte Wetten, gesperrte Nutzerkonten oder nicht gewährte Boni

Was können geschädigte Spieler tun?

Mobile Geräte mit Glückspielen am Display, dahinter Geld- und Spielchipsstabel und eine Malta Flagge
Bild: Dana.S / Shutterstock

Vorerst gilt es herauszufinden, mit welcher Lizenz die Webseitenbetreiber agieren, um herauszufinden an welche Kontrollbehörde man seine Beschwerde richten kann. Sollte es sich um eine der geläufigsten MGA (Malta) oder GRA (Gibraltar) Lizenzen handeln, ist es ratsam bei diesen staatlichen Kontrollbehörden ganz offiziell eine schriftliche und kostenfreie Beschwerde einzureichen. Voraussetzung ist allerdings, dass sich Geschädigte bereits beim Onlinecasino beschwert, und selbst um eine Lösung bemüht hatten. Sollte binnen einer Woche vom Casino gar keine Antwort oder eine Absage kommen, ist es ratsam abermals schriftlich kundzutun, dass man damit nicht einverstanden ist. Mit diesem Mailverkehr ausgestattet kann über die offiziellen Mailkontakte der Behörden oder vorzugsweise über unten gelistete Eingabemasken eine offizielle Beschwerde eingereicht werden:

Malta MGA: Online Beschwerdeformular (FAQ in Englisch hier)
Gibraltar GRA: Onlinbeschwerdeformular (Anleitung in Englisch hier)
Isle of Man IMO: Onlinebeschwerdeformular
Alderney AGCC: Onlinebeschwerdeformular
Curaçao  CEG: Onlinbeschwerdeformular

Piktogramm zum Thema "Recht auf Beschwerde"

Recht auf Beschwerde

Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass diese Behörden einlangende Beschwerden sehr bürokratisch abarbeiten. Betroffene haben oft den Eindruck, als würden die Gambling Authorities nicht die erwünschte Neutralität an den Tag legen und ihre Lizenznehmer in Schutz nehmen. Für den offiziellen Beschwerdeprozess sollte man sich jedenfalls Beweisunterlagen wie Screenshots, Zahlungsnachweise und gespeicherten Mailverkehr gut vorbereiten.

Erstattungsklagen bei Gericht erfolgsversprechend

Als Alternative wäre die Beauftragung von Prozesskostenfinanzierern überlegenswert. Es gibt im deutschsprachigen Raum sehr viele Anbieter, die solche Glücksspielklagen betreiben und diese sind im Web leicht zu finden. Im Erfolgsfall vor Gericht behalten Prozesskostenfinanzierer einen Anteil von etwa einem Drittel der erstrittenen Schadenssumme als Honorar ein, im Falle dass die Klage verloren wird, übernimmt die Firma die Prozesskosten und Kliententragen somit kein Kostenrisiko. Bei einem außergerichtlichen Vergleich mit dem Online-Casino behalten Prozesskostenfinanzierer meist etwa die Hälfte des Honorars ein, welches sonst anfallen würde, wenn es zum Gerichtsentscheid im Sinne der Kläger gekommen wäre.

Die Oberlandesgerichte Wien und Innsbruck haben im Herbst 2020 bestätigt, dass Anbieter ohne österreichische Konzession Schadenersatz leisten und Einsätze zurückzahlen müssen. Diese Berufungsurteile, mit denen Offshore-Anbieter zu Rückzahlungen verurteilt wurden, sind nicht mehr anfechtbar (OLG Wien 11.9.2020, 1 R 98/20; OLG Innsbruck 8.10.2020, 1 R 87/20h). Im Juni 2021 hat der Oberste Gerichtshof ebenso eine Berufung einer in Gibraltar ansässigen Spielbank abgelehnt (OGH 22.6.2021, 1 Ob 229/20p). Somit haben Klagen von Spielern dieser Art, die auf fehlenden Lizenzen ausländischer Online Casinos basieren, sehr gute Erfolgschancen und es wurden bereits hunderte Klagen gewonnen. Wichtig ist hier anzumerken, dass Sportwetten davon aber nicht betroffen sind! Da Glücksspielverluste aus dem Titel des Schadenersatzes und des Bereicherungsrechts geltend gemacht werden können, sind sie 30 Jahre lang rückforderbar.

Auf jeden Fall sollte man die genauen Bedingungen der unterschiedlichen Prozesskostenfinanzierer kennen und sich über Preise, einen eventuellen erlittenen Mindestschaden als Voraussetzung und die Erfolgsquoten informieren. Als weitere Alternative gibt es natürlich auch Anwaltskanzleien, die sich auf diese Art von Klagen spezialisiert haben oder mit ebendiesen Prozesskostenfinanzieren kooperieren.

Piktogramm zum Thema "Klage ist sinnvoll"

Klage ist sinnvoll

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