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Zorniger Mann auf einer Couch bei einem geöffneten Packet auf dem Schoß und einer Kreditkarte in der Hand
Bild: Shutterstock / Fizkes

Bestellbetrug - was tun?

Wenn aus heiterem Himmel nicht bestellte Waren geliefert werden, oder wenn plötzlich Rechnungen geschickt werden für Produkte, die man nie bestellt hat, kann es sich um Bestellbetrug handeln. Der Stress nimmt dann zu, wenn in Folge Inkasso- oder Anwaltskanzleien beginnen das Geld einzutreiben. Nachfolgend unsere Verhaltenstipps zu unterschiedlichen Ausgangslagen:

Nach Anmeldung Bestellung behauptet

Beispielfall: Damit Sie auf einer Webseite die Preise oder andere sonst unzugängliche Informationen ansehen konnten, hatten Sie dort Ihre Emailadresse eingetragen und möglicherweise auch andere persönlichen Daten. Nach Ihrem Verständnis haben sie aber sicher nichts bestellt. Es kam später trotzdem eine Lieferung oder zur Verfügung gestellte Dienstleistung zusammen mit einer Geldforderung des Betreibers dieser Webseite.

Viele Webseiten sind absichtlich so gemacht, dass relevante Informationen für Besucher:innen erst nach einer Anmeldung zugänglich werden. Dies zwingt zur Eingabe einer Email Adresse, sonst bleibt der eigentlich interessante Bereich verwehrt. Zum einen kann Ihnen so später Werbung geschickt werden. Wenn der Datensatz Ihrer Eingaben an Drittfirmen verkauft wird, bringt das den Webseitenbetreibern schon Gewinn, ohne dass Sie etwas bestellen. 
Unseriöse Webseiten gehen einen Schritt weiter und behaupten fälschlicherweise eine Bestellung oder ein Kaufabschluss wäre erfolgt. Nach deren Auslegung hätten Sie durch die Bekanntgabe Ihrer Daten den Auftrag erteilt und hätten einen bezahlpflichtigen Vertrag abgeschlossen, was aber nicht stimmt. Das ist unzulässig!

Der gesetzliche Schutz gegen diese Geschäftspraxis ist die sogenannte "Buttonpflicht". Laut Gesetz sind Sie nur dann an eine kostenpflichtige Bestellung gebunden, wenn klar auf die Zahlungspflicht hingewiesen wurde und Sie Ihren Kaufabsicht eindeutig mit dem Betätigen einer entsprechend beschrifteten Schaltfläche bestätigt haben. Sprich - auf dem Button stand "Jetzt Kaufen" oder "Bezahlpflichtig bestellen" oder etwas ähnlich Eindeutiges. Gibt es eine solche Schaltfläche nicht, müssen Sie nicht zahlen! Näheres dazu finden Sie in unserem Artikel zur Buttonlösung und im Artikel zu Abofallen.

Tipps bei vermuteter Abofalle:

  • Wenn es keinen ordentlich beschrifteten Button im Kaufprozess auf der Seite gibt, sollten Sie Bildschirmfotos vom Bestellvorgang machen, die das beweisen.
  • Sollte es in der Folge tatsächlich zu unberechtigten Zahlungsaufforderungen kommen, schicken Sie diese zusammen mit dem unten verlinkten Musterbrief "Buttonflicht" an das Unternehmen. Der vom Unternehmen behauptete Vertrag hat keine Gültigkeit. Es ist wichtig ein auf diese beschriebene Art zustande gekommenes Rechtsgeschäft schriftlich zu beeinspruchen. Mahnungen von Inkassobüros und sogar die Einschaltung eines Anwalts sind keine Seltenheit, sondern gehören im Gegenteil zum Geschäftsmodel unseriös agierender Unternehmen.
  • Wenn noch keine 14 Tage ab erhalt der Ware oder Beginn der Dienstleistung vergangen sind (oder bei digitalen Leistungen wie z.B. bei Downloads ab dem Tag der technischen Freischaltung), sollten Sie Ihr Rücktrittsrecht mit unserem Musterbrief "Rücktritt Fernabsatz" nutzen. Vor allem, wenn Sie unsicher sind, ob es einen dem Gesetz entsprechenden Bestellbutton gab. Oder ob die Aufklärung über den Verzicht auf Ihr Rücktrittsrecht im Zuge des Bestellvorganges bei digitalen Leistungen durch das Unternehmen ausreichend war oder nicht.
  • Wenn Ihnen unerwünscht Waren zugesandt wurden, müssen Sie diese nicht auf eigene Kosten zurückschicken. 

Identitätsdiebstahl - jemand bestellt in Ihrem Namen

Beispielfall: Eine etablierte Verkaufsplattform (z.B. Amazon) schickt einfach unaufgefordert Ware(n) an Ihre Adresse. Sie haben nichts bestellt.

Eine kriminelle Handlung Dritter kann der Grund dafür sein. Jemand hat sich Ihre persönliche Daten (z.B. im Darknet) angeeignet und diese missbraucht, indem sich der oder die Betrüger:in auf Ihren Namen und Ihre Adresse Waren hat zusenden lassen. Die Pakete werden in der Regel abgefangen (Abholstation) oder an eine andere Adresse umgeleitet. Für Ihren Namen wird beim Bestellvorgang eine falsche Mailadresse hinterlegt. Bestellbestätigungen und erste Mahnungen erhalten Sie daher vorerst nicht. In der Regel bekommen Sie erst dann eine Verständigung vom Vorgang, wenn ein Inkassobüro das letzte Mahnschreiben versendet oder ein Anwalt eingeschalten wurde.
 

Tipps bei vermutetem Identitätsdiebstahl:

  • Zahlen Sie nicht, Sie schulden nicht!
  • Setzen Sie sich umgehend schriftlich mit dem Unternehmen, bei dem Sie angeblich bestellt haben, in Verbindung und klären Sie den Sachverhalt auf.
  • Schreiben Sie auch dem Inkassobüro oder Anwalt oder setzen Sie diese in Kopie, wenn Sie die Firma anschreiben.
  • Fordern Sie die Ausbuchung der Rechnung und setzen Sie eine Frist (Musterbrief ungerechtfertigtes Inkasso).
  • Werden Sie aufgefordert, eine eidesstaatliche Erklärung abzugeben, finden Sie hier ein Muster.
  • Viele Unternehmen werden die Anzeige bei der Polizei wegen Identitätsdiebstahl fordern und von Ihnen verlangen, eine Anzeigenbestätigung zu senden. Wir erleben, dass sich auf dese Weise schnell eine Ausbuchung bei Unternehmen erzielen lässt. Verpflichtet sind Sie allerdings nicht dazu. Geschädigt ist die Firma. Sie kann Anzeige gegen Unbekannt erstatten.
  • Sollten Sie auch Ware erhalten haben, können Sie entweder die Rücksendung auf Kosten der Firma anbieten oder aber erklären, dass die Ware bei Ihnen zur Abholung bereitliegt. Zur Rücksendung auf Ihre Kosten sind Sie nicht verpflichtet.

Bei tatsächlichem Identitätsdiebstahl zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Sollte die 14 Tage Rückgabefrist verstrichen sein, das Unternehmen schriftlich über den Betrug benachrichtigen und die polizeiliche Anzeigemitschicken. Die Ware zur Abholung durch das Unternehmen bereithalten und vorerst nicht wegwerfen. Wenn Sie bereits zur Zahlung gemahnt werden, z.B. auch von einem Inkasso oder Anwaltsbüro, eine eidesstaatliche Erklärung (wie unten zum Download verfügbar) dorthin senden, in der Sie versichern die Bestellung nicht getätigt zu haben.

Falschlieferung mit Absicht

Beispielfall: Sie haben Ware bestellt und bezahlt, aber andere Ware geliefert bekommen.

Es kann natürlich geschehen, dass bei der Auslieferung ein Fehler passiert und Sie etwas Falsches zugestellt bekamen. Dann ist nach einer Beschwerde beim Kundendienst eine kostenlose Rücksendung und Korrektur durch neuerliches Zusenden der Weg zum Ziel. Welche Optionen Sie im Detail haben, erklären wir in unserem Artikel zu Lieferproblemen.

Nun gibt es aber auch unseriöse Webshops die Ihnen bewusst und gewollt etwas anderes zuschicken als Sie bestellt hatten. Bei diesem „Geschäftsmodell“ wird damit darauf spekuliert, dass ein ähnliches oder geringfügig minderwertiges Produkt geliefert wird und sich die Kundschaft nicht die Mühe macht dies zu beanstanden. Sie haben etwa teures Olivenöl bei einem italienischen Onlineshop bestellt, stattdessen kam Pasta oder Balsamico Essig. Weil man sich die Mühe mit dem Umtausch nicht antun will, lässt man das unter Umständen auf sich beruhen. Solche Unternehmenspraktiken fallen Einzelnen bei einer gelegentlichen Bestellungen nicht sonderlich auf. Die Ausreden der Firmen sind etwa ein angeblich unzureichender Lagerstand zum Zeitpunkt der Bestellung gepaart mit einem Rabatt auf eine künftige Bestellung. Durch vermehrte Anfragen können wir erkennen, bei welchen Firmen ein solches Vorgehen System hat.

In dieselbe Kategorie fällt die ungewollte Lieferung von höherpreisigen Produkten mit der Aufforderung die Differenz zu zahlen. Der ursprüngliche bestellte günstigere Artikel sei vergriffen, behaupten die Verkäufer.

Tipps bei absichtlicher Falschlieferung:

  • Wird Ihnen ein anderes als das bestellt Produkt zugeschickt, muss der Unternehmer es auf eigene Kosten zurücknehmen. Die bestellte Ware schuldet er weiter.  
  • Ist die Lieferfrist abgelaufen, ist die Firma in Verzug. Die Zahlung des nicht bestellten Artikels kann nicht gefordert werden. Sie können wählen, ob Sie nach den Fernabsatzbestimmungen vom Kaufvertrag zurücktreten wollen oder weiter auf Lieferung der Ware bestehen.
  • Dieses Problem tritt häufig bei Firmen auf, die mit  dem Streckengeschäftsmodell arbeiten und Ware z.B. direkt aus China vermitteln - Tipps dazu in unserem Artikel über Dropshipping.
  • Bevor Sie bei weniger etablierten Firmen bestellen, prüfen Sie auf Watchlist Internet oder Trustpilot, ob es dazu Beschwerdenhäufungen gibt.

Dritte tauschen Paketinhalt aus

Das heimliche Auswechseln des Paketinhalts kann beim Hersteller, beim Händler oder beim Transport passieren. Die Ware in der Verpackung wird durch etwas anderes ersetzt. Damit der Schwindel mit dem wertlosen Inhalt nicht auffällt, hat dieser oft dasselbe Gewicht wie z.B. das bestellte Smartphone, der Laptop oder die Lampe. Manchmal lässt sich nicht aufklären, wer den Paketinhalt gestohlen und ersetzt hat.

  • Sofern Sie die Ware persönlich übernehmen, öffnen Sie ein Paket gleich und nehmen es bei dieser bösen Überraschung nicht an. Wichtig dabei ist, dass eine "Nicht-Annahme" der Lieferung durch Sie als Widerrufserklärung nicht ausreicht. Sie müssen das Unternehmen trotzdem schriftlich darüber informieren, dass Sie von der Bestellung zurücktreten.
  • Sollten Sie die Ware schon übernommen haben, melden Sie den Vorfall umgehend der Firma. Sie ist in der Regel Vertragspartnerin des Transporteurs. Auf diese Weise kann dem Unternehmen über die Versicherung des Lieferanten noch der Verlust der Ware ausgeglichen werden.
  • Sie sind nicht verpflichtet zu zahlen. Der Vertrag wurde vom Unternehmen noch nicht erfüllt, solange Sie die bestellte Ware nicht erhalten haben.
  • Sie können wählen: Weiter auf der Leistung bestehen – ohne Aufpreis, versteht sich – oder aber nach den Fernabsatzbestimmungen vom Vertrag zurücktreten.
  • Eine Diebstahlsanzeige müssen Sie nicht aufgeben. Sie haben die bestellte Ware nicht bekommen. Sie ist nicht in Ihr Eigentum übergegangen. Der Bestohlene ist in dem Fall der Unternehmer.
  • Es hilft den Kundendienst des Markplatzes zu kontaktieren, wenn Sie mit dem Handy gefilmt hatten, wie Sie das Paket zum ersten Mal öffnen, worin nicht das Bestellte sondern etwas Anderes zum Vorschein kommt. Mit dem Beweis durch so ein Unboxing Video in der Hand erweisen sich Verkaufsplattformen bei der Rückabwicklung oft kooperativer. 

Dreiecksbetrug - den Falschen bezahlt

Sie haben auf einem Marketplace selbst eine Bestellung abgegeben, die Ware auch erhalten und bezahlt. Mit der Ware stimmt alles und es scheint alles in Ordnung. Bis Wochen später unerklärliche Mahnungen eintreffen.

Wenn es sich nicht einfach um einen Irrtum bei der Abrechnung durch den echten Händler handelt, kann ein Fakeshop dahinter stecken. Die Betrugsmethode funktioniert so: Das Angebot auf dem Fakeshop ist sehr preisgünstig und verlockend. Zuerst geben Interessierte Ihre Daten auf der Seite des Fakeshops ein und bestellen und bezahlen den Artikel dort. Danach bestellen die kriminellen Betreiber des Fakeshops genau diesen Artikel mit den abgegriffenen Kundendaten bei einem echten Händler und lassen die echte Ware auch an die echte Kundenadresse zustellen. Die Geschädigten merken vorerst nichts. Erst mit den Zahlungsaufforderungen Wochen später wird klar, dass nicht der echte Händler bezahlt wurde, der aber zu Recht sein Geld für die Lieferung haben möchte. Den Fakeshop gibt es bis dahin meist gar nicht mehr, das Geld ist verloren.

  • Bei Bestellungen von Marketplace-Händlern schon bei der Annahme der Lieferung achtsam sein: Die beiliegende Rechnung mit dem Angaben zum Shop, bei dem Sie gezahlt hatten, abgleichen. Stimmen Firmenwortlaut, Firmenadresse und Rechnungsbetrag überein? Wenn es eine andere Firma ist, den Kundensupport des Marketplace kontaktieren. Falls Sie die Ware zu diesem Preis nicht behalten möchten, die Ware binnen 14 Tagen ab Erhalt zurückschicken - an das echte Unternehmen!
  • Betrugsanzeige bei der Polizei machen, damit andere gewarnt werden können. Das von Ihnen an den Fakeshop bezahlte Geld wird vermutlich verloren sein.
  • Sie hatten bei einem kriminellen Fakeshop Ihre Bezahldaten eingegeben! Ändern Sie auf jeden Fall allfällige Zugangsdaten, sollten Sie diese auch bei anderen Accounts verwenden. Stellen Sie vor allem sicher, dass Ihre Bezahldaten wie jene von der Kreditkarte, Paypal u.ä. nicht weiter missbraucht werden können. Karte sperren, Passwörter ändern und in der nächsten Zeit ein zusätzliches Auge auf Abbuchungsvorgänge von diesen Bezahlquellen haben.

Brief vom Inkasso oder Anwalt

Wenn nach einem Bestellbetrug etwas Zeit vergeht, während der Sie erst herausfinden, dass etwas Illegales vorgefallen war, können Sie bereits Mahnungen oder berechtigte Inkassoschreiben erhalten. Dennoch bedeutet es keineswegs und automatisch, dass eine geltend gemachte Forderung berechtigt ist, nur weil ein Inkassounternehmen eingeschaltet wurde. Leider kommt es immer wieder vor, dass die Inkassoforderungen an sich Teil eines unseriösen Vorganges ist. Es gibt unseriöse Unternehmen, die mit genauso unseriösen Inkassobüros ein wirtschaftliches Naheverhältnis haben. Juristisch gesehen liegt es am Online-Shop zu beweisen, dass die Bestellung tatsächlich von Ihnen aufgegeben wurde. Eine Bestellung auf Ihren Namen ohne Unterschrift oder weitere Identifizierungsdaten ist als Nachweis nicht ausreichend.

  • Schreiben wie Mahnungen, Anwaltsforderungen oder einen Inkassobrief nicht unbeantwortet lassen! Wenn Sie nicht reagieren, kann das Inkassobüro Ihre vermeintliche Zahlsäumnis bei Kreditauskunfteien melden, was zu Problemen bei künftigen Vertragsabschlüssen führen kann. Bezahlen sollten Sie aber nicht! 
  • Sie sollten eine eidesstattliche Erklärung an das Inkasso und an das Unternehmen senden, in welcher Sie versichern die Bestellung nicht gemacht zu haben. 
  • Noch besser ist, nachdem sie bei der Polizei Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet haben, davon die  Anzeigenbestätigung an das Inkasso oder an die Anwaltskanzlei und auch das Unternehmen zu schicken.

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