Bußgeldforderung aus Italien
Recht viele Autourlauber bekommen nach der Rückkehr aus Italien einen Strafzettel per Post. Entweder gab es Probleme beim Bezahlen der Autobahnmaut auf der Mautstelle, man hat eine Geschwindigkeitsübertretung begangen, falsch geparkt oder am häufigsten, man ist überfordert in eine ZTL Innenstadtzone hineingefahren. Hier einige Ratschläge wie man damit umgehen soll, und wann es Sinn macht Einspruch zu erheben.
Höhe italienischer Strafmandate
Die hier gelisteten Strafhöhen bei Verkehrsdelikten sind Mindestmaßgaben und können situativ höher ausfallen. Nachts, zwischen 22:00 und 7:00 Uhr können die mit * markierten Strafen um 1/3 höher bemessen werden.
- falsch geparkt - 45 €
- nicht angegurtet - 85 €
- Handy am Steuer - 165 €
- rote Ampel ignoriert - 170 €*
- ab 20 km/h zu schnell - 175 €*
- ab 50 km/h zu schnell - 545 €
- alkoholisiert (> 0,5 Promille) - 545 €
Citymaut (ZTL) Strafen
Geldbußen gegen Verstöße wegen Einfahrt in die ZTL (zona traffico limitato) sind öffentlich rechtliche Forderungen und dürfen nur von Behörden vollstreckt werden. Wenn man nicht direkt an Ort und Stelle gestraft wird, können Geldbußen binnen 5 Jahren mittels Bescheid am Wohnort der Verkehrssünder in Österreich eingetrieben werden. In der Praxis bekommt man das Strafmandat entweder von einer Bezirkshauptmannschaft (oder Magistrat) oder dem Amt der Landesregierung auf dem Rechtshilfeweg zugesandt. Ebenso ist möglich, dass der Bußgeldbescheid eingeschrieben mit Rückschein von der italienischen Behörde direkt versandt wird.
Es kommt aber auch vor, dass die italienische Behörde, vorab eine Zahlungsaufforderung vor dem eigentlichen Bußgeldbescheid schickt. Dabei sollte man auf das Kleingedruckte achten, es handelt sich dabei noch nicht um den amtlichen Bußgeldbescheid, sondern lediglich um ein einfaches Mahnschreiben. Dagegen kann noch kein Einspruch eingelegt werden! Standardisiert wird in diesen Schreiben auch erwähnt, die Höhe der Geldbuße bei Zahlung innerhalb von 5 Tagen um 30 % zu reduzieren. Die Behörden versuchen auf diese Weise zu einer raschen Zahlung zu bewegen.
Prüfen Sie also immer, ob es sich bereits um den Bußgeldbescheid oder lediglich um eine Vorabzahlungsaufforderung handelt (Aviso di pagamento). Ein solches vorab zugestelltes Mahnschreiben enthält noch keine Rechtsbelehrung. Betroffene können an dieser Stelle abwägen innerhalb der 5 Tage eine geringere Strafe zu zahlen oder abzuwarten, ob man binnen 360 Tagen ab Feststellung der Übertretung einen Bußgeldbescheid erhält. Sollte dieser verspätet eintreffen, kann bei dem Friedensrichter oder Präfekten den formellen Einspruch einbringen. Wer seinen Seelenfrieden haben will, bezahlt die „günstigere“ Inkassovariante vor der Zustellung des Mandats.
Nach Erhalt des tatsächlichen Bußgeld- oder Protokollbescheids (auf Italienisch verbale di accertamento, Accertamento di violazione), besteht ebenfalls die Möglichkeit, wieder vom Bezahlzeitpunkt abhängig, reduzierte Beträge binnen 5 oder 60 Tagen zu zahlen. Nach Erhalt des Bußgeldbescheides ist zu prüfen, ob man diesen beeinspruchen kann.
Mögliche Einspruchsgründe:
- Der formelle Bußgeldbescheid wurde seit Feststellung der Übertretung nicht eingeschrieben mit Rückschein innerhalb von 360 Tagen an die Fahrzeughalter*innen mit Wohnsitz im Ausland zugestellt (Art. 201 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 5 Codice della Strada).
- Man war zum angegebenen Zeitpunkt gar nicht in Italien und die Behörde hat den Bußgeldbescheid irrtümlich aufgrund eines verwechselten Kennzeichens ausgestellt.
- Das italienische Hotel, in dem man übernachtet hat, hat die Meldung des Kennzeichens an die Behörden irrtümlicherweise nicht vorgenommen, obwohl man dem Hotel einen Bedarf dafür mitgeteilt hatte.
Lenker:in muss sich identifizieren
Wenn in Italien Verkehrsvergehen, wie etwa überhöhte Geschwindigkeit vom fix installierten Radar geblitzt oder durch andere automatische Überwachungseinrichtungen wie Videokameras erfasst werden, so gibt es eine Aufnahme des rückseitigen Kennzeichens. Damit identifiziert die Behörde Halter:innen von Fahrzeugen und diese werden schriftlich zur Bezahlung der Geldbuße aufgefordert.
Doch hier gilt es aufzupassen! In Italien gilt ein Punktesystem bei Verkehrsverstößen (Punti patente) und neben Geldstrafen werden je nach Vergehen zwischen 1 und 10 Strafpunkte gesetzt. Wenn man in einem Jahr alle 20 Punkte ansammelt, fasst man auf italienischem Territorium ein Fahrverbot für zwei Jahre aus, respektive für ein Jahr, wenn die 20 Punkte in zwei Jahren angefallen sind. Auch Ausländer:innen bekommen z.B. für 11km/H zu schnell drei Strafpunkte. Wichtig ist - diese Punkte sind personenbezogen und nicht fahrzeugbezogen.
Das führt zu Folgendem: Eine gestrafte Person als ein:e Fahrzeughalter:in muss binnen 60 Tagen die Identität des betroffenen Fahrers / Fahrerin schriftlich bekanntgeben der oder die das Vergehen begangen hat, sobald der Bußgeldbescheid zugestellt ist. In diesem Moment bezahlen viele Betroffene zwar das Bußgeld, aber vergessen oder übersehen diese zwingende Offenlegungspflicht. Die Bußgeldbescheide sind auf deutsch, der Hinweis auf die Pflicht die Fahreridentität bekannt geben zu müssen, ist darauf aber oft wenig deutlich und wird leicht überlesen. Bei Missachtung und trotz womöglich bereits bezahlter Geldbuße, sieht man sich dann einer beträchtlichen weiteren Strafforderung aufgrund der Nichtmeldung der schuldigen Person gegenüber. Nach italienischen Straßenverkehrsgesetzes [Codice della Strada Art.126-bis(2)] wird dies mit 292 Euro bis 1.168 Euro geahndet.
Formell korrekt Einspruch einlegen
Gegen einen italienischen Protokollbescheid kann beim zuständigen Präfekten oder Friedensrichter (Giudice di Pace) der Einspruch gemacht werden. Beeinspruchen können Sie aber nur behördliche bzw. polizeiliche Strafmandate (z.B. Falschparken, Busspur benutzt, ZTL befahren, Tempolimit missachtet,...) aber keine zivilrechtlichen Forderungen wie Autobahnmautvergehen.
Wir empfehlen den Einspruch beim Präfekten zu machen, da dieses Verfahren schriftlich und gebührenfrei geführt wird. Wenn Sie den Einspruch beim Friedensrichter betreiben, kann eine mündliche Verhandlung in Italien stattfinden und es fallen in diesem Verfahren auch Gebühren an (€ 30,-).
- Kein nachträglicher Einspruch mehr möglich, wenn Bußgeld schon bezahlt ist!
- Keine Strafzettel vom Polizisten vor Ort beeinspruchen - auf Bußgeldbescheid per Post warten!
- Nur 60 Tage Zeit für Einspruch - Frist beginnt ab Erhalt des Bußgeldbescheides
- Formular (siehe unterhalb) ausfüllen und in dreifacher Ausfertigung ausdrucken
- Formular in italienischer Sprache herunterladen - allein Präfektur von Südtirol in Bozen akzeptiert deutschsprachige Dokumente
- Adresse des zuständigen Präfekten / Friedensrichters eintragen - siehe Bußgeldbescheid
- Nur handfeste Argumente gegen Bestrafung anführen. Haltlose Argumente, wie als Tourist nicht ausreichend ortskundig gewesen zu sein, werden abgelehnt und die Strafe verdoppelt sich automatisch. Beispiele für gute Argumente: Verbotsschild vor Ort fehlte. Transport einer minderjährigen, behinderten Person mit Ausweis führte zur Strafe im Halteverbot.
Beispiele guter formeller Einspruchsgründe: Verwechslung des Kennzeichens. Erhebungsbeamter, Strafbestand oder Ort und Datums des Verstoßes fehlen. Behörde hielt gesetzliche Fristen nicht ein; z.B. Strafprotokolls wurde nicht binnen 90 Tagen erstellt. Bescheid kam nicht binnen 360 Tagen ab Feststellung der Übertretung an, sofern diese nicht sofort festgestellt werden konnte und ist somit verjährt.
Falls die letztgenannte Verjährung zutrifft, kopieren Sie folgenden Absatz und setzen dort beim ersten Datum, den Tag der Verjährung ein (360 Tage nach Feststellung), beim zweiten Datum das tatsächliche Zustelldatum:
Ai sensi di Art 201, secondo comma, del Codice della Strada, la notifica deve essere consegnata al trasgressore entro 360 giorni dalla rilevazione dell’infrazione, e cioè il giorno XX.XX.20XX, mentre suddetto avviso mi è pervenuto soltanto in data XX.XX.20XX. - Unterschrift nicht vergessen! Bei Privatpersonen eigenhändige Unterschrift des Fahrzeughalters oder -mieters. Bei Firmenwagen die Unterschrift des Geschäftsführers der Firma, auf welche der Wagen zugelassen ist
- Dokumentenkopien beilegen (Bußgeldbescheid, Gegenbeweis z.B. Behindertenausweis, Bestätigung des Arbeitgebers, dass Sie zum fragwürdigen Zeitpunkt nicht in Italien waren, usw.)
- Per Post eingeschrieben mit Rückschein an zuständige Präfektur in Italien senden. Wenn Sie an das ausstellende Polizeirevier senden, leitet dieses den Antrag weiter. Achtung: Anträge mittels E-Mail werden in der Regel nicht bearbeitet, wenn diese keine digitale Signatur enthalten, und nicht an die spezielle PEC Emailadressen der zuständigen Präfektur geschickt wird, mit allen Anhängen im PDF Format geschickt wird. PEC Emails gelten in Italien als eingeschrieben zugestellt. Versand per Fax wird nicht anerkannt. Wir empfehlen den Postweg.
Mautvergehen Autobahn
Im Unterschied zu ZTL Bußgeldern handelt es sich bei Zahlungsaufforderungen der Autobahnbetreiber um privatrechtliche Forderungen. Diese können auch von Inkassobüros eingetrieben werden. In der Regel schreibt zuerst das italienisches Inkassobüro Nivi Credit Srl (Sonderbeauftragte der italienischen Autobahngesellschaften zwecks Eintreibung unbezahlter Mautgebühren), bei Nichtbezahlung wird die Forderung oft auch an österreichische oder deutsche Inkassobüros mit weiteren Zusatzgebühren weitergegeben.
Zahlungsaufforderungen der italienischen Autobahngesellschaften verjähren nach italienischem Recht generell erst nach 10 Jahren und es kommt vor, dass eine Autobahnzusatzgebühr erst Jahre nach dem Italienurlaub unerwartet eingefordert wird.
Wir empfehlen daher, bei Bezahlung der Mautgebühr einen Beleg anzufordern und diesen aufzuheben bzw. die Gebühr mit Kreditkarte zu zahlen. In diesem Fall kann die Bezahlung auch einige Jahre später einfach nachgewiesen werden, im Fall dass eine ungerechtfertigte Nachforderung trotz Ihrer Bezahlung gestellt wird.
Bei Nichtzahlung der Autobahngebühr kann diese auch von den Autobahngesellschaften gerichtlich eingefordert werden (zb. über ein Europäisches Mahnverfahren). Zusätzlich kann von den italienischen Behörden bei Nichtbezahlung der Maut auch eine Verwaltungsstrafe verhängt werden, welche innerhalb von 5 Jahren verjährt. Mautvergehen werden in der Regel per Foto oder Video dokumentiert, hier Einspruch einzulegen macht nur Sinn, wenn sie Gegenbeweise vorlegen können, z.B. bei einer Fehlablesung des Kennzeichens durch das Scansystem
Die italienische Wettbewerbsbehörde hat in Mietautoverträgen in einem Beschluss (13.6.2022) solche Vertragsklauseln für rechtswidrig und missbräuchlich erklärt, nach denen Leihwagenfirmen ihren Kunden im Falle eines Bußgeldes oder der Nichtbezahlung der Autobahnmaut Verwaltungsgebühren in Rechnung stellten. Solche Extragebühren der Autovermieter sind unrechtmäßig und lassen sich nun leicht beeinspruchen.
Links
unser Artikel zum Mautsystem in Italien
https://europakonsument.at/italien-teuer-unterschiedliche-systeme-und-citymaut/65174
Anleitung (auf IT) der Präfektur Aquila - Einspruch beim Präfekten
http://www.prefettura.it/laquila/contenuti/Ricorsi_per_violazioni_al_codice_della_strada-3555.htm
Anleitung (auf DE) der Präfektur Südtirol - Einspruch beim Regierungskommissariat
http://www.prefettura.it/bozen/contenuti/Einspruch_zu_bertretungen_der_stvo-45623.htm