Geoblocking – Millionenstrafen im Computerspielsektor
Die EU Kommission teilte letzte Woche mit, dass fünf Computerspieldistributoren und der Marktführer Valve beim Vertrieb von Videospielen gegen das Kartellrecht des Europäischen Wirtschaftsraums verstoßen haben indem Kunden der Zugriff auf Produkte landesabhängig verwehrt wurde. Zusammen machen die Strafen 7,8 Millionen Euro aus. Neben Valve (USA) wurden Bandai Namco (Japan), Capcom(Japan), Focus Home (Frankreich) und ZeniMax (USA) geahndet. Auch das in Tirol ansässige Unternehmen Koch Media muss etwa eine Million Strafe zahlen.
Was ist Valve und was ist Steam?
Der in den späten 90er Jahren nahe Seattle gegründete Spieleentwickler Valve wurde mit seinem Bestseller Halflife unter Computerspielern ein Begriff, aus dem sich viele weitere Spiele im Egoshooter Genre wie etwa Counterstrike entwickelten, die erste Referenz im E-Sport. 2020 verbuchten die 5 weltweit besten Berufsspieler von Counterstrike ein Jahreseinkommen zwischen 1,5 und 2 Millionen Dollar, die nächst gereihten 10 Profis erspielen etwa eine Million im Jahr.
Das Haupteinkommen erwirtschaftet Valve aber nicht mit eigenen Spielen, sondern mit der 2003 im Zuge seiner neuen Counterstrike Version online gegangenen Spielevertriebsplattform Steam für PCs. Seither wuchs Steam dramatisch, bietet mittlerweile neben Spielen anderer Hersteller auch Software und Filme an und erwirtschaftet im Jahr 2017 einen Umsatz von über 4 Milliarden US Dollar bei unter 500 Mitarbeitern. Experten gehen von einer Verdopplung der Umsätze seither aus, Produktionsbudgets der aufwendigsten Computerspiele übertreffen oft die von Hollywoodfilmen.
Geschäftsmodell bei Steam
Valve behält etwa ein Drittel des Verkaufspreises ein, wenn Computerspielentwickler über Steam verkaufen und das Produkt den Kunden so bequem zum Download zur Verfügung stellen. Um das neue Spiel starten zu können, müssen Spieler Steam im Hintergrund am PC laufen haben. Das eigentliche Produkt ist mit einer Lizenznummer einem Kunden zugeordnet, dem so genannten Steam Key. Käufer physischer Kopien von Computerspielen, wie etwa auf anachronistischen DVDs im Laden gekauft oder als Hard Copy per Zustellung über Drittanbieter bestellt, können Ihre Titel ebenfalls aktivieren, wenn diese Händler sich mit Valve über sogenannte passive Verkäufe geeinigt haben.
Da Steam einen weltweiten Marktanteil von etwa 75% hält, zahlen Computerspielhersteller bereitwillig die hohe Kommission an Valve, um bei Steam gelistet zu werden. Angesichts dieser Zahlen des beinahe Monopols, wirkt die Strafhöhe der EU von 1,6 Millionen € nicht sonderlich eindrucksvoll. Es ist daher auch nicht überraschend, dass Valve als einziges der gestraften Unternehmen nicht mit den Behörden zusammengearbeitet hat, um die erhaltene Strafe wie die anderen Beklagten um 10 oder 15% senken zu können.
Was haben Valve & Co (geo-)blockiert?
Wenn Käufer bei Drittanbietern ihre Spiele in Steam freischalten möchten, müssen sie dort den erwähnten Key eingeben. Entwickler und deren Distributoren haben größtes Interesse daran ihre Spiele im Valve´s Onlinebibliothek Steam anbieten zu können, um Käufern den direkten und bequemen Download Service zu bieten. Im Gegenzug erhält Valve weltweite Distributionsrechte für tausende Titel. Problematisch wurden aber interne Absprachen zwischen Valve und den geklagten Geschäftspartnern zum Beschränken der Einsetzbarkeit von Steam Keys auf gewisse Länder des EWR. Diese unerlaubten Praktiken betrafen Verkäufe in einer ganzen Reihe von osteuropäischen Ländern im Zeitraum von 2010 bis 2015.
Der zweite Anklagepunkt betrifft weitere bilaterale Absprachen der vier Entwickler (Bandai, Focus Home, Koch Media, ZeniMax) mit anderen Distributionsfirmen, die nichts mit Valve zu tun haben. Die etwa 100 von den Absprachen betroffenen Titel waren zwischen 2007 und 2017 von diesen Drittanbietern regional blockiert worden. Das bedeutet, wenn ein Titel in einem Land A erworben worden war, so war er im anderen Land B auf derselben Distributionsplattform unbrauchbar.
Wettbewerbswidriges anzeigen oder melden
Die europäische Wettbewerbsbehörde führte ihre Ermittlungen in den oben beschriebenen Fällen seit 2017 durch. Die beklagten Vergehen betreffen die Verordnung zum grenzüberschreitenden OnlineShopping (Reg.2018/302) und zwei weitere EU Abkommen zur Sicherung des freien Waren und Dienstleistungsaustausches. Die eingenommen Strafen fließen in das Gesamtbudget und erniedrigen die Steuerlast der Mitgliedstaaten. Personen oder Unternehmen, denen durch wettbewerbswidriges Verhalten Schaden zugefügt wurde, können dies bei nationalen Gerichten einklagen. Seit 2017 gibt es eine Novelle in der EU Gesetzgebung (Antitrust Damages Directive), die solche Schadenersatzansprüche erleichtert.
Abgesehen vom Weg über Gerichte hat die EU Kommission auch ein Whistleblower Tool eingerichtet. Einzelpersonen können so wettbewerbswidrige Vergehen anonym melden. Die Kommunikation läuft dabei über ein speziell entwickeltes Kommunikationssystem zum beidseitigen und verschlüsselten Austausch von Nachrichten.
Das Europäische Verbraucherzentrum ist die offizielle Kontaktstelle für Geoblocking in Österreich. Wenn Sie Fragen zu Geoblocking haben, kontaktieren Sie uns.