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10 nebeneinander aufgereihte unterschiedliche Computerkabelarten samt Anschlüssen
Weniger Kabelsalat dank der neuen EU Richtlinie Bild: SpicyTruffel / Shutterstock

USB-C für alles?

Bis kurz vor Jahresende müssen Hersteller in Österreich und allen anderen EU-Ländern den modernen USB-C Ladeanschluss verbauen. Betroffen sind alle von der Richtlinie (EU) 2022/2380 umfassten kleinen Elektrogeräte. Die Auswirkungen auf Verbraucher:innen wollen wir hier umreißen.

Steiniger Weg zur Vereinheitlichung

Die Europäische Union bemüht sich seit 2009 darum, eine einheitliche Regelung für Ladegeräte und Datenanschlüsse einzuführen. Beinahe alle Hersteller unterschrieben damals eine unverbindliche Absichtserklärung, einen einheitlichen Standard bis zum Jahr 2014 einzuführen. Die 30 verschiedenen Ladeanschlusstypen für kleinere Elektrogeräte verringerten sich so im Laufe der Jahre auf nurmehr drei Typen. Apple, nach Samsung der zweitgrößte Hersteller von Smartphones weltweit, weigerte sich schon damals daran teilzunehmen. 

Der nach Auslaufen dieser Vereinbarung unterbreitete Vorschlag der Industrie ging den Organen der Europäischen Union nicht weit genug.  Daher schlug die EU-Kommission 2021 die Schaffung einer einheitlichen Richtlinie vor. Nach Anpassungen durch das Europäischen Parlament und den Europäischen Rat wurde der Rechtsakt am 23. November 2022 schließlich unterzeichnet. Heuer wird die Richtlinie ab dem 28.Dezember im nationalen Recht aller EU Länder rechtsgültig und gelangt so zur realen Anwendung.

Der nun verpflichtende Anschlusstyp USB-C setzte sich aber schon davor immer mehr als technischer Standard durch. Etwa 90 Prozent aller neuen Kleingeräte sind damit bereits ausgestattet. Der Anteil des daneben noch existierenden Micro USB-Anschluss schwindet rapide.

 

Grauhaariger Vertreter in Anzug und Krawatte mit EU Logo beim Armdrücken an einem Tisch mit dem Apple Logo als Gegner. Unter dem Tisch ein Haufen Kabel.
Bild: EVZ Österreich (KI generierte Karikatur)

Insbesondere Apple weigerte sich weiterhin und versuchte erneut Widerstand zu leisten. Die hauseigenen Lightning Anschlüsse brachten dem US-Konzern seit 2012 gute Verdienste ein, auch wenn mit anderen Argumenten gekontert wurde.

Laut dem Brancheninsidermagazin MacRumors war der Verbau eines speziellen Authentifizierungs-Chips für die iPhone Modelle des Jahres 2024 geplant. Dadurch hätten die Geräte überprüfen können, welches Ladebehelf von Drittanbietern angeschlossen sei. Erkennt ein solcher Chip, dass nicht lizenziertes Zubehör am Gerät steckt, könnte er die Ladefunktion oder Datenübertragung einschränken. 

Im vergangenen März warnte EU-Kommissar Thierry Breton den US Konzern davor, diesen Schritt zu gehen; die EU hätte den Verkauf in den Mitgliedstaaten verhindert.

Der Erfolgt der Vereinheitlichung des technischen Standards war in der EU nicht einfach, und die Union ist hier klar als Vorreiterin unterwegs. Während seit heuer allein im Europäischen Wirtschaftraum (EU plus Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island) vergleichbare Bestimmungen gelten, ging Großbritannien diesen Schritt nicht mit. Auch in anderen Erdteilen gibt es bislang nichts Vergleichbares. Nachdem sich bereits im Oktober 2022 abzeichnete, dass die EU-Richtlinie Realität wird, gab Apple bekannt, sich dieser zu beugen und den Lightning Anschluss nicht mehr zu verbauen. Daher werden MacBooks und iPads seither mit USB-C ausgeliefert. Aber auch in den USA, dem Heimatmarkt von Apple, steigt langsam der Druck. Kurz nach Inkrafttreten der EU-Richtlinie haben bereits mehrere Senatoren ein Nachziehen des amerikanischen Handelsministeriums gefordert.

Billiger und praktischer

Vor den schrittweisen Vereinheitlichungen versuchten Elektrohersteller ihre Kund:innen durch unternehmenseigene Technikstandards an sich zu binden. Für Nutzer:innen waren damit Abhängigkeit und Zusatzkosten verbunden. Wer bisher z.B. Mobilgeräte mit beiden Betriebssystemen sowohl von Apple als auch Android besaß, benötigte unterschiedliches Ladezubehör und musste bei Defekten herstellerspezifisch nachkaufen. Erhebungen ergaben, dass pro Haushalt im Schnitt drei Lade-Sets vorhanden sind. Eines davon komplett ungenutzt

Die EU-Richtlinie 2022/2380 über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt besagt außerdem, dass Endgeräte der gelisteten Kategorien und dazu passende Netzgeräte unabhängig voneinander verkauft werden sollen. Dadurch werden Anschaffungskosten reduziert. Denn das standardisierte Netzteil sowie das passende Kabel sind in den meisten Haushalten bereits vorhanden. Rund 2,4 Milliarden geben Europäer:innen im Jahr für Ladezubehör aus, etwa 250 Millionen Euro soll die Vereinheitlichung unseren europäischen Brieftaschen ersparen.

Weniger Müll

Ökologisch relevant sind vor allem die 1.000 Tonnen an vermiedenem Elektroschrott pro Jahr. In Summe sollen es dadurch etwa 11.000 Tonnen weniger problematischen Abfall geben. Die Recyclingrate liegt bei Elektroschrott EU-weit erst bei etwa 39% - in Österreich etwa bei 60%. Bei jedem Neukauf automatisch inkludierter Kabel und Netzteile sammelten sich zuerst ungenutzt in Schubladen und später auf Mülldeponien. Infolge der Vereinheitlichung wird es wohl dazu kommen, dass bereits hergestellte und zunehmend inkompatible Hardware mit Lightning Anschlüssen schneller auf dem Müll landet. In Summe bedeutet das trotzdem weniger Obsoleszenz und Abfall, wenn Lightning nicht mehr nachproduziert wird.

Welche neuen Geräte müssen USB-C haben?

Folgende neu hergestellten Kleingeräte unter 100 Watt Leistung müssen künftig einen USB-C-Anschluss haben, wenn sie per Kabel geladen werden können:

  • Mobiltelefone 
  • Tablets
  • Digitalkameras
  • Kopfhörer und Headsets
  • tragbare Videospielkonsolen
  • tragbare Lautsprecher
  • E-Reader
  • Tastaturen 
  • Mäuse 
  • tragbare Navigationssysteme
  • Kopfhörer
  • Laptops (ab 28.April 2026)

Welche Neugeräte ohne USB-C bleiben erlaubt?

  • z.B. Haushaltsgeräte und andere größere Stromverbraucher, die oben nicht gelistet wurden.
  • Geräte, die mittels Induktion kabellos geladen werden können.
  • Laptops mit über 100 Watt Strombedarf sind ausgenommen. Sogenannte Hochleistungslaptops (etwa Gaming-Laptops) machen weltweit 23-24% des Laptopmarktes aus, Tendenz zwar steigend, aber derzeit liegen die allermeisten Laptops unter diesem Wert.
  • Bis zum 28. April 2026 läuft eine Übergangsfrist für alle Hersteller. Bis dahin dürfen auch noch Laptop Modelle unter 100 Watt auch ohne USB-C noch auf den EU-Markt. In der Praxis kommt dies aber kaum noch vor.  

Dürfen Geräte mit anderen Anschlüssen weiterverkauft werden?

Ja, aber nur, wenn es Altgeräte sind. (Außerdem gelten die Regelungen für Laptops erst ab dem 26. April 2026.) Dabei handelt es sich um bestehende Lagerbestände der Händler und nicht um Gebrauchsgeräte aus zweiter Hand. Es gibt keine Nachrüstpflicht für bereits vor dem 28.12.2024 hergestellte Produkte mit alten Ladebuchsen. Es dürfen nur keine neuen Modelle, die nach diesem Stichtag neu auf dem EU-Markt erscheinen, ohne USB-C-Anschluss in Verkehr gebracht werden. Im Gegensatz dazu darf die vor dem Stichtag hergestellte oder auf den Markt gebrachte Hardware sehr wohl z.B. nur USB-A, Lightning oder micro-USB Buchsen haben.

Ist USB-C immer gleich USB-C?

Nein, der USB-C Standard definiert einerseits die einheitliche Bauart des Steckers und gibt anderseits das untere Ende des Leistungsspektrums vor. Bislang galten 7,5 Watt gemäß der USB Power Delivery (USB-PD)-Spezifikation als Untergrenze. D.h. ein altes USB-C Kabel passt zwar in alle USB-C Anschlüsse hinein, kann aber eventuell keine fortgeschrittenen Datenübertragungsraten oder besonders schnelle Ladezeiten des Gerätes erreichen.

Die Standard-USB-C-Verbindung ohne Power Delivery kann bis zu 15 Watt übertragen (bei 5 Volt Spannung und 3 Ampere Stromstärke). Mit Power Delivery (PD) kann die USB-Ladeleistung auf bis zu 240 Watt gesteigert werden, abhängig davon, ob das Gerät die neueste PD Version 3.1 unterstützt. Bei den meisten neueren USB-C Kabel liegt die Übertragungsleistung bei 100 Watt. 

Die EU schreibt nun vor, dass alle neu hergestellten und ab dem 28.12.2024 in Verkehr gebrachten Ladekabel zumindest über die erste Stufe von USB Power Delivery mit 15 Watt verfügen müssen.  Zudem muss auf den Verpackungen stehen, welche Leistung ein Gerät zum Laden benötigt und, ob das Gerät USB Power Delivery unterstützt. 

Beim Kauf gilt: 

  • Achtung: Kabel unter 15 Watt Leistung dürfen weiterhin abverkauft werden. Kontrollieren Sie die verpflichtenden Angaben über die Leistung auf der Verpackung und prüfen Sie, ob Sie fortschrittliche Übertragungsraten und Stromkapazitäten nutzen können. 
  • Ob ein Gerät ein Kabel mit einer höheren Leistung als die bloßen Mindestanforderungen von USB-C unterstützt (wie z.B. Superspeed, Thunderbolt, Displayport u.ä.), sehen Sie anhand diverser Symbole beim Steckplatz auf dem Gerät bzw. bei Neuanschaffungen auf der Verpackung.

Habe ich Anspruch auf Austausch bei fehlendem USB-C?

Wenn Ihnen nach dem 28.12.2024 also ein von der Richtlinie kategorisiertes Neugerät ohne USB-C verkauft wurde, prüfen sie Folgendes:

  1. Haben Sie von einem Unternehmen mit Sitz in der EU gekauft? Wenn Sie die Ware direkt aus einem Drittland bestellt haben (z.B. China), gilt die EU-Richtlinie dort nicht und Sie haben keine Ansprüche. Prüfen Sie vor Bestellungen immer wo das Handelsunternehmen seinen Sitz hat!
  2. Handelt es sich um ein Gerätemodell, welches vor dem 28.12.2024 in Verkehr gebracht wurde? Wenn ja, haben Sie keine Ansprüche, da die Händler weiterhin ihre Lagerbestände abverkaufen dürfen. Händler müssen alte Geräte weder nachrüsten noch austauschen.

Wenn es sich um ein nach dem 28.12.2024 neu auf den Markt gekommenes Gerät ohne USB-C aus den oben aufgezählten Kategorien handelt, also kein Lagerabverkauf ist und auch keiner Ausnahme unterliegt (z.B. Laptops Übergangsfrist bis 2026), dann kann dies als Mangel gewertet werden. Aber nur, wenn Sie nicht vor Kaufabschluss darüber informiert wurden und danach trotzdem dem Kauf zugestimmt hätten. Es ist also entscheidend, sich vor dem Kaufzuschlag die technischen Angaben zum Gerät im Angebot bewusst gemacht zu haben! Wenn all dies zutrifft, haben Sie die üblichen Rechte, die sich Ihnen aus dem Gewährleistungsrecht ergeben; zuerst Reparatur oder Austausch, und falls das nicht geht, die Kaufrückabwicklung oder eine Preisminderung, falls Sie die Ware doch behalten möchten. 

Letztendlich sind Ihre Rechte als Verbraucher:in in diesem Punkt stark von der Ausgestaltung des Kaufvertrages und den Umständen seines Zustandekommens abhängig. Bei Zweifel berät Sie das Europäische Verbraucherzentrum gerne.

Fact Sheet der EU zu den USB-C Neuerungen

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