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Postpakete auf dem Förderband
Bestellungen aus Fernost und anderen Drittstatten außerhalb der EU werden teurer. Bild: Vectorfusionart / Shutterstock

Keine 22€ Steuerfreigrenze mehr bei EU-Importen

, aktualisiert am

Seit heute dem 1. Juli 2021 gilt die Steuerbefreiung bei Importen in die EU bei Waren unter dem Wert von 22 Euro nicht mehr. Laut österreichischem Handelsverband verlor der Staat 500 Millionen Euro pro Tag wegen falsch deklarierter Pakete. Da solcherart absichtlich falsch deklarierte Postsendungen nicht automatisch der Einfuhrumsatzsteuerpflicht unterlagen, entgingen aufgrund dieser Steuertricks, so die offizielle Schätzung der EU mit Blick vor allem nach China, rund 7 Milliarden Euro Steuereinnahmen pro Jahr. Es wurden Waren den Kunden zwar voll verrechnet, am Frachtpapier aber wurde getrickst und es wurde für die Behörden oft ein Wert von unter 22 €uro ausgewiesen. So ersparten sich findige Unternehmer aus Drittländern bisher die Entrichtung der Umsatzsteuer aufgrund der bis gestern gültigen Freigrenze und konnten die europäische Konkurrenz preislich leichter unter Druck setzen.

Ein wenig teurer, dafür ohne böse Überraschungen

Somit werden für Endkunden niedrigpreisige Onlinebestellungen aus Nicht EU Ländern etwas teuer, die oft unerwarteten Folgekosten bleiben künftig dank der EU Verordnung aber aus. Preise werden für Kunden somit transparenter, versteckte Zusatzkosten fallen weg und EU-Firmen können durch diese Steuertricks nicht mehr unterboten werden, da sich die vorhandene Schieflage im Wettbewerb bei Billigbestellungen ausgleicht.

Unverändert ist die Zollfreigrenze beim sogenannten "geringen Warenwert" von 150 Euro geblieben. Unter diesem Wert ist also kein Zoll, sondern nur die Steuer fällig, ab nun eben aber ab dem ersten Cent und nicht mehr erst bei Wert über 22€. Kostete z.B. bisher ein T-Shirt von einem Webshop aus der Türkei 20€ und war somit steuerbefreit, so sind es mit der österreichischen Steuer ab heute neuerdings 24€.

Da es sich um eine Einfuhrumsatzsteuer handelt, wird die Steuer auf Warenwert und auf etwaige Frachtgebühren aufgeschlagen, die in der Gesamtsumme der Rechnung angeführt sind. Zum Beispiel würde eine Handyhülle im Wert von 3€ plus Frachtgebühr von 3€ eine Steuer von 1€ 20 Cent ergeben, die dem Endkunden verrechnete Summe nach dem 30.Juni ergibt somit 7,20 €.

Zum Vorteil der Kunden sollte es allerdings nicht mehr wie bisher vorkommen, dass Unternehmen aus Drittstaaten nachträglich Gebühren für die Zollanmeldungen durch Transportunternehmen verrechnen, oder dass der Zoll aus formellen Gründen die Bestellungen einbehält und man langwierig versuchen muss die Ware freizubekommen.

Es gibt das neue Portal Import One-Stop-Shop (IOSS), bei dem sich Unternehmen anmelden können, um ihren Verkauf in EU Mitgliedstaaten zu vereinfachen und Endkunden die nachträgliche Einhebung der Umsatzsteuer durch den Paketdienst an der Wohnungstür zu ersparen. Das Portal erfasst und erleichtert die Abrechnung der jeweiligen Steuer für die Firmen. Diese wird somit vom Unternehmen voreingezahlt. Bislang müssen sich Verkäufer, die ihre Waren z.B. über Amazon oder Ebay vertreiben, verpflichtend registrieren.

Wenn sich die Verkäufer nicht registrieren, übernehmen die Verrechnung der Steuer die Paketzusteller oder die Post und verlangen dafür auch eine Auslagepauschale von meist fünf Euro ("Importtarif") zusätzlich zur Steuer bei Waren unter 150 € Wert. Sollte es zu Problemen bei der Bestellung kommen, zum Beispiel wenn dem Zustelldienst keine Rechnung vorliegt und der Kunde vorab kontaktiert werden muss, dann können die Gebühren sogar bis auf 24 Euro ansteigen. Eingehoben werden die Gebühren von Zustellern in bar, es ist daher besser die österreichische Steuer wenn möglich schon im Webshop zu bezahlen.

Beim oben angeführten Beispiel mit der 3 € Handyhülle würde also bei Nichtanmeldung des Händlers aus dem Drittland beim IOSS, die Zustellung nochmals 5 € zusätzlich kosten. Mit allem drum und dran, kommt man als Kunde dann auf 12,20 Euro und wird sich eher überlegen die Handyhülle in einem Geschäft oder einem Webshop innerhalb der EU zu kaufen.

Kunden/innen sollten nun immer darauf achten, ob beim Rechnungsendpreis auf der E-Commerce Plattform des Verkäufers schon die Einfuhrumsatzsteuer (VAT) in der Bestellsumme enthalten ist, oder ob der Lieferdienst diese bei der Zustellung mit Zusatzgebühren nachkassieren wird.

Piktogramm zum Thema "Summe kontrollieren"

Summe kontrollieren

Außerdem wurde für Importeure EU-weit bei der Mehrwertsteuer ein gemeinsamer Schwellenwert von 10 000 Euro erlassen. Dieser ersetzt die bisherigen Schwellenwerte einzelner Mitgliedstaaten. Ab jetzt wird die Steuer nur noch mit einem Finanzamt abgerechnet und auf die EU-Staaten abgeführt, in denen der Händler den Umsatz erzielt hat.

Auswirkung auf Marketplaces und Dropshipper

Ab dem 1. Juli werden Marketplaces, also Online-Verkaufsplattformen, wo Verkäufer und Käufer direkt miteinander agieren wie Amazon Marketplace, Ebay oder Alibaba, behördlich so behandelt, als hätten sie die Produkte selbst gekauft vor dem Weiterverkaufen. Kund(inn)en sollten also nicht mehr unter einer Blockade Ihrer Bestellung durch den Zoll betroffen sein, bei der zusätzliche Gebühren für den Erhalt einer nicht deklarierten Bestellung anfallen.

Bei Problemen mit Dropshippern bewirkt die Verordnung ebenfalls eine Verbesserung, da diese genauso als "Käufer" angesehen werden und die Steuer bezahlen müssen. Dropshipper sind Händler, in der Regel ohne eigenem Warenlager und meist Vermittler von Verkaufsgeschäften auf Marketplaces. Mit eigenen Webseiten geben sie den Anschein ein heimisches Unternehmen zu sein. Im Endeffekt kassieren sie aber oft Margen für kaum Leistung und bieten bei Problemen keinen zufriedenstellenden Support, indem sie Beschwerden direkt an die Hersteller in Drittstaaten weitergeben, die aber nicht an EU Regeln gebunden sind und die Kundenwünsche oft ignorieren.

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