Rückblick auf 1 Jahr juristische Hilfe durch EVZ in Verbraucherfällen mit Corona Bezug
Die Covid-19 Pandemie beeinflusst massiv sowohl Verbraucher als auch Unternehmen und viele Geschäftsbereiche sind seither fundamental beeinträchtig. Besonders große Umwälzungen gibt es im Tourismus und im Onlinegeschäft. Sehr oft sind diese grenzüberschreitend und Unternehmer und deren Kunden nicht im selben Land. Daher wenden sich Geschädigte an das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Österreich, angesiedelt im Verein für Konsumenteninformation (VKI). Den heurigen Weltverbrauchertag (15.März) nahmen wir zum Anlass eine Retrospektive über unsere Beratungsaktivität in einem Jahr Corona.
EVZ mehr gefragt denn je – Reisen und Corona
Wegen der Pandemie gab es so viele Hilfeansuchen an das Netzwerk wie nie zuvor. Im ersten Halbjahr 2020 wurden 88585 Beschwerden und Anfragen im ECC-Net bearbeitet, allein zum Höhepunkt der Corona Krise im April 2020 waren es rund 17600. (Quelle: Anniversary Report)
In Österreich hat das EVZ seit März 2020 mehr als 6200 Konsumentenanfragen mit Corona Thematik bearbeitet und trotz Corona bedingter Erschwernisse mehr als 1100 Mal interveniert, um eine außergerichtliche Lösung zu erreichen. Der erste Höhepunkt der Corona Krise fiel 2020 mit der bevorstehenden Reisesaison zusammen und resultierte in einem nie dagewesenen Informationsbedarf.
Daher richtete der VKI eine durch das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz finanzierte zusätzliche Hotline zu Reiserechtsfragen ein, in die das EVZ mit seiner Expertise als Backup eingebunden war. Insgesamt erhielten so 51.800 Anrufer zu Reiserecht in Verbindung mit Corona ihre Beratung. Unsere Rechtsexperten gaben zudem mehr als 100 Interviews in Medien.
Krisen ermutigen Betrüger
Die ungewohnte, teils verwirrende Situation allgemein und die Bereitschaft der Verbraucher bei geschlossenen Geschäften und abgesagten Events trotz mangelnder Erfahrung Online-Alternativen auszuprobieren, bot Betrügern im Pandemiejahr leider besonders günstige Bedingungen. Wir informierten über Betrugsmaschen wie etwa bei Streaming Fallen, Fake Produkten oder diversen Corona Scams auf Social Media oder über potentielle Fallstricke bei echten Online Angeboten, die wir gehäuft in unserer Fallarbeit wiederfinden.
Durch die Pandemie traten viele offene Rechtsfragen zu Tage, und es gibt in der Praxis dazu sehr unterschiedliche Rechtsmeinungen, da die Fälle erst vor Gerichten geklärt werden müssen. Komplizierter wird alles noch dadurch, dass bei vielen grenzüberschreitenden Streitfällen mit Corona Bezug nationales Recht eines anderen Landes mit unterschiedlichen Corona - Ausnahmegesetzen zur Anwendung kommt.
Das ECC-Net schuf deshalb eine interne Wissensdatenbank, um beispielsweise bei Fragen zum Flug, zur Unterkunft, Pauschalreise oder Veranstaltung solche Antworten geben zu können, die auch länderspezifische Corona Verordnungen berücksichtigen. Als Beispiel seien hier die sogenannten „Gutscheinlösungen“ von 2020 genannt, die viele Länder so wie Österreich zum Beispiel bei Veranstaltungen, mehrere Mittelmeerländer unter anderem für Hotels, Frankreich und die Niederlande zum Schutz nationaler Airlines oder die Beneluxländer für Pauschalreisen erlassen hatten. Diese Liste ließe sich mit Verordnungen fast jeden europäischen Landes weiterführen.
Die meisten Anfragen betreffen üblicherweise auch ohne Corona Pandemie den Reisesektor im ECC-Net. Allein 45% aller registrierten Fälle hatten bisher mit Fluggastrechten zu tun. Dabei wurden in den letzten 15 Jahren bereits 60% aller im Netzwerk erfassten Reisetransaktionen Online durchgeführt und 16% davon mittels Vermittleragenturen oder Buchungsplattformen bezahlt. Der Trend indirekt zu buchen nimmt kontinuierlich zu.
Vor allem bei Airlines und Vermittlern gab es während der Pandemie viele Probleme, die zum Leidwesen der nicht beförderten Passagiere teilweise bis heute nicht geklärt wurden. Airlines vertreten den Standpunkt, Kunden hätten sich bei nicht direkt gebuchten Flug mit allen Fragen an die Vermittler zu wenden. Die Vermittlerplattformen wiederum sind oft maßlos überlastet und antworten verspätet, oft gar nicht oder verweisen an die Airline zurück.
Gegen Ende der Reisesaison 2020 und mit den Reisebeschränkungen durch die „zweite Welle“, veränderte sich die Mehrzahl der Anfragen an das ECC-Net merklich. Es ging nicht mehr vorwiegend darum, Rat zu künftigen Reisen einzuholen. Stattdessen betrafen Beschwerden nun eher rückwirkende Forderungen. Verhinderte Kunden waren mit Gutscheinen abgegolten worden, meist mit nur einer einjährigen Gültigkeit, andere begannen die Geduld zu verlieren, wenn ihrer Rückerstattungsforderungen für nicht konsumierte Leistungen weiterhin ignoriert wurden.
Da sowohl Auslandsreisen als auch Veranstaltungen weiterhin schwer möglich sind, würden solche Gutscheine unbenutzt ablaufen. Hier fragen viele Betroffene nun, was sie tun können. Hierzu gibt es leider keine einfache Antwort, da wie oben erwähnt unterschiedliche Länderregelungen greifen.