Mit 1. April 2018 tritt eine neue Verordnung der EU zur „grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten“ in Kraft. Hinter diesem sperrigen Titel versteckt sich die Möglichkeit, kostenpflichtige Abos für Filme, Musik oder Sportübertragungen im Urlaub wie zuhause nutzen zu können.
Bisher konnten Konsumenten während Reisen gar nicht oder nur beschränkt auf ihre Streamingdienste zugreifen. So mussten sich viele schon vor der Abfahrt überlegen, welche Filme sie unterwegs gern sehen würden und diese herunterladen, um sie im Urlaubsland verfügbar zu haben.
Mit solchen Barrieren soll jetzt Schluss sein.
Portabilität
Die EU umschreibt die neuen Regeln mit dem Stichwort "Portabilität". Kunden von zahlungspflichtigen Streamingdiensten wie z.B. Netflix, Spotify, Amazon Prime oder Sky Go profitieren davon. Die Verordnung schreibt vor, dass die Abos in jedem EU-Mitgliedsstaat im gleichen Umfang verfügbar sein muss wie in dem Heimatland des Konsumenten – und das ohne Mehrkosten.
Früher war das meist aufgrund von Gebietslizenzen nicht möglich. Die Anbieter hatten also nur geographisch begrenzte Verträge mit den Rechteinhabern der Inhalte, also z.B. den Filmschaffenden oder Musikern. Sie durften ihre Werke nur in gewissen Ländern anbieten.
In der Verordnung wird dieses Problem dadurch gelöst, dass die Bereitstellung und der Zugriff während einer Reise als "ausschließlich im Wohnsitzland des Abonnenten erfolgt" gelten.
Gleiches Angebot wie zuhause
Andersrum erhalten Kunden keinen zusätzlichen Zugriff auf das nationale Angebot ihres Urlaubslandes.
Beispiel: Der Wiener Kurt fährt auf Dienstreise nach Paris. Während seines Aufenthalts will er sich die neueste Folge seiner Lieblingsserie auf Netflix anschauen. Das geht problemlos über sein mitgebrachtes Tablet, das er auch zuhause zu diesem Zweck nutzt.
Ein französischer Kollege erzählt ihm von einer heimischen Serie, die er derzeit auf Netflix anschaut. Als Kurt in seinem Konto nach dem Titel sucht, wird er nicht fündig. Die Serie ist für österreichische Kunden nicht verfügbar, da Netflix sie nur in Frankreich anbietet.
Das Abo hat also genau denselben Umfang wie im Heimatland des Kunden. Das gilt nicht nur für die Inhalte, sondern auch für die mögliche Anzahl an Geräten und Nutzern, sowie den Funktionsumfang.
Temporäre Nutzung
Die Verordnung gilt für vorübergehende Aufenthalte in einem anderen EU-Mitgliedsstaat. Wer also auf Urlaub oder Dienstreise fährt, kann sein Abo ungestört nutzen. Anders ist es, wenn man außerhalb der EU verreist oder überhaupt dauerhaft umzieht.
Die Anbieter dürfen gemäß der neuen Regeln den Wohnsitz ihrer Abonnenten überprüfen. Dabei wird großer Wert auf Datenschutz gelegt: Es ist genau festgelegt, auf welche Weise und über welche Wege diese Information eingeholt werden darf. Sämtliche Daten müssen unmittelbar nach der Überprüfung gelöscht werden und dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden.
Da die Verordnung auch bereits geltende Verträge umfasst, kann es sein, dass Anbieter ihre bestehenden Kunden um Angaben zu ihrem Wohnsitz bitten.
Gratisdienste
Die neue Portabilität ist nur für kostenpflichtige Streamingabos verpflichtend. Anbieter von Gratisdiensten können selbst entscheiden, ob sie ihren Kunden ermöglichen wollen, ihr Service auch im Ausland zu nutzen. Falls sie das tun, müssen sie natürlich sämtliche Bestimmungen der Verordnung erfüllen. Sie müssen den Wohnsitz ihrer Abonnenten überprüfen und diese, sowie die Rechteinhaber ihrer Inhalte über das neue Angebot informieren.
Für das Online-Angebot von Fernseh- oder Radiosendern gilt ebenfalls, dass diese sich freiwillig zur Portabilität entscheiden können. Die EU-Kommission hat bereits 2016 neue Regeln vorgeschlagen, wie diese Mediatheken grenzüberschreitend verfügbar werden sollen. Bisher gibt es dazu allerdings keine abschließende Entscheidung.
Den vollständigen Text der Verordnung finden Sie unter diesem Link. Auf der Website der EU-Kommission gibt es eine Pressemeldung zu den neuen Vorschriften.
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