Während der Pandemie wurde bei Fluglinien aber auch beim Flughafenpersonal gespart und rund ein Fünftel an Stellen abgebaut. Die Luftfahrtunternehmen als auch Flughafenbetreiber suchen nun händeringend nach Ersatz für die tausenden Leute, deren Stellen vor nicht allzu langer Zeit gestrichen wurden. Obwohl Insider den Rebound bei der Zahl der Buchungen angekündigt hatten, zeigen sich die meisten Anbieter nun überfordert. Der Nachholbedarf vor der sommerlichen Hauptreisesaison übersteigt die Möglichkeiten genug qualifizierte Arbeitskräfte etwa als Flugbegleiter, bei den Sicherheitskontrollen und bei der Flugzeugabfertigung zu finden. Die weltweite Branchenvereinigung IATA erwartet, dass die Zahl von Flugreisen bis 2024 die 4 Milliarden Marke und somit den Stand vor Covid von 2019 übersteigen wird. Laut OAG Analyse tritt die Erholung vor allem in den USA und bei innerasiatischen Flügen am schnellsten ein, da Europa Flugkapazitäten am stärksten zurückgefahren hatte. Generell nehmen vor allem touristische Reisen wieder schnell zu, die Zahl an Geschäftsreisenden steigt verhaltener.
Dennoch, der Nachholbedarf zeigt sich nun massiv. An manche europäische Spitzendestinationen wollen nun sogar mehr Flugpassagiere gelangen als noch in 2019. Die erste Folge sind Verzögerungen vor allem zu Stoßzeiten in allen Prozessen der Flugabfertigung. Der zweite Effekt ist nun, dass Airlines begonnen haben den Flugplan zu reduzieren. Angefangen haben die Streichungen um Ostern herum, nun werden immer mehr Flüge aus dem Programm genommen. Hierzu einige Beispiele:
AUA mangelt es scheinbar an hunderten Mitarbeitern an Board und am Boden. Die Belegschaft ist laut dem Branchenmagazin Austrianwings wegen magerer Bezahlung und nicht ganz freiwilligem Gehaltsverzicht unzufrieden. Sie hielt strategisch gewählt am verkehrsstarken Pfingstwochenende Betriebsversammlungen ab, was zu etwa 60 Flugabsagen und 5000 betroffenen Passagieren geführt hat.
Easyjet reduziert zum Beispiel die Anzahl der verkauften Sitze pro Flugzeug um mit weniger Flugpersonal entsprechend geltender Vorschriften fliegen zu dürfen. Die andere Erschwernis, die zu dutzenden Abflugausfällen in Großbritannien führte, war eine Welle von Covid Erkrankungen des eigenen Flugpersonals. In Großbritannien wurden in kurzer Zeit hunderte Flüge gestrichen (unter anderem auch durch British Airways und Wizz-Air), da in der Pandemie über 30000 Luftfahrtangestellte gekündigt worden waren und nun fehlen. Dies hat zu sehr langen Warteschlangen auf britischen Airports geführt.
Swiss betont den Flugplan wegen Personalmangels bewusst ausgedünnt zu haben, um Umbuchungen aufgrund spontaner Ausfälle möglichst gering zu halten. Die ursprünglich geplante Kapazität von 2019 von über 18 Millionen Passagieren wird somit nicht mehr angestrebt, sondern nur noch 80% davon. Effektiv bewirkt das mehr als 100 Flugstreichungen. Betroffen sind rund 2% der Swiss Passagiere (etwa 10000 Passagiere im Juli und August), diese konnten zu 80% auf andere Flüge der Lufthansagruppe oder Star Alliance umgebucht werden. Stark betroffen ist auch die Verbindung Wien - Zürich.
Lufthansa Chef Carsten Spohr legte bereits im April in einem CH Media Interview offen, dass die Fluglinie eine dreistellige Zahl von Flügen aus dem Sommerflugplan gestrichen hatte, und dass sich die Mehrkosten von 10 $ pro Barrel Kerosin direkt im Preis eines Flugscheines wiederfinden würden. Auch steht ein gemeinsames Angebot der Lufthansa mit der Schweizer Reederei MSC zusammen zum Kauf der italienischen Staatsairline ITA im Raum, da diese so wie andere besonders angeschlagene Airlines nach Ansicht Spohrs das Jahr 2022 ökonomisch nicht überstehen könnten. Die Lufthansa strich rund 900 Flüge für den Monat Juli, die Lufthansa Tochter Eurowings über 100.
Flughafenbetreiber generell rechnen damit, dass zwei Drittel der europäischen Flughäfen mit dem Passagierandrang aufgrund fehlenden Bodenpersonals nicht mithalten werden können und es deshalb bis in den Herbst hinein zu häufigeren Flugverspätungen kommen wird. Deren internationalen Verbände (ACI, ASA) halten komplette und spontane Flugausfälle aber für weniger wahrscheinlich. Lobbyisten der Airport-Betreiber kritisieren vor allem zu geringe Staatshilfen, diese hätten Kündigungen abfangen können. Zudem soll es zu strenge Sicherheitsfristen bei der Ausbildung neuen Personals geben, dessen Arbeitsbeginn am Flughafen fallweise erst 16 Wochen später erlaubt wird.