Zum Inhalt
Großer Menschenandrang bei Sicherheitskontrolle am Flughafen
2022 ist viel los am Flughafen und es fehlt an Personal - in der Hochsaison ist mit Verzögerungen zu rechnen Bild: Marius Dobilas / Shutterstock

Flugstreichungen im Sommerflugplan 2022

, aktualisiert am

Weltweit erlebt die Flugbranche einen massiven Nachholbedarf bei Passagierflügen. Über zwei Jahre Pandemie haben die Menschen reisefreudig zurückgelassen, der vermeintliche Boom beim Buchen von Flugreisen wird jedoch etwas abgebremst. Momentan sind weniger die bisherigen gesetzlichen Einschränkungen wegen COVID der Hemmschuh, stattdessen sind es nun teure Spritpreise und vor allem ein akuter Personalmangel. Flugstreichungen und chaotische Zustände an manchen Flughäfen sind die Folge.

Während der Pandemie wurde bei Fluglinien aber auch beim Flughafenpersonal gespart und rund ein Fünftel an Stellen abgebaut. Die Luftfahrtunternehmen als auch Flughafenbetreiber suchen nun händeringend nach Ersatz für die tausenden Leute, deren Stellen vor nicht allzu langer Zeit gestrichen wurden. Obwohl Insider den Rebound bei der Zahl der Buchungen angekündigt hatten, zeigen sich die meisten Anbieter nun überfordert. Der Nachholbedarf vor der sommerlichen Hauptreisesaison übersteigt die Möglichkeiten genug qualifizierte Arbeitskräfte etwa als Flugbegleiter, bei den Sicherheitskontrollen und bei der Flugzeugabfertigung zu finden. Die weltweite Branchenvereinigung IATA erwartet, dass die Zahl von Flugreisen bis 2024 die 4 Milliarden Marke und somit den Stand vor Covid von 2019 übersteigen wird. Laut OAG Analyse tritt die Erholung vor allem in den USA und bei innerasiatischen Flügen am schnellsten ein, da Europa Flugkapazitäten am stärksten zurückgefahren hatte. Generell nehmen vor allem touristische Reisen wieder schnell zu, die Zahl an Geschäftsreisenden steigt verhaltener.

Dennoch, der Nachholbedarf zeigt sich nun massiv. An manche europäische Spitzendestinationen wollen nun sogar mehr Flugpassagiere gelangen als noch in 2019. Die erste Folge sind Verzögerungen vor allem zu Stoßzeiten in allen Prozessen der Flugabfertigung. Der zweite Effekt ist nun, dass Airlines begonnen haben den Flugplan zu reduzieren. Angefangen haben die Streichungen um Ostern herum, nun werden immer mehr Flüge aus dem Programm genommen. Hierzu einige Beispiele:

AUA mangelt es scheinbar an hunderten Mitarbeitern an Board und am Boden. Die Belegschaft ist laut dem Branchenmagazin Austrianwings wegen magerer Bezahlung und nicht ganz freiwilligem Gehaltsverzicht unzufrieden. Sie hielt strategisch gewählt am verkehrsstarken Pfingstwochenende Betriebsversammlungen ab, was zu etwa 60 Flugabsagen und 5000 betroffenen Passagieren geführt hat. 

Easyjet reduziert zum Beispiel die Anzahl der verkauften Sitze pro Flugzeug um mit weniger Flugpersonal entsprechend geltender Vorschriften fliegen zu dürfen. Die andere Erschwernis, die zu dutzenden Abflugausfällen in Großbritannien führte, war eine Welle von Covid Erkrankungen des eigenen Flugpersonals. In Großbritannien wurden in kurzer Zeit hunderte Flüge gestrichen (unter anderem auch durch British Airways und Wizz-Air), da in der Pandemie über 30000 Luftfahrtangestellte gekündigt worden waren und nun fehlen. Dies hat zu sehr langen Warteschlangen auf britischen Airports geführt.

Swiss betont den Flugplan wegen Personalmangels bewusst ausgedünnt zu haben, um Umbuchungen aufgrund spontaner Ausfälle möglichst gering zu halten. Die ursprünglich geplante Kapazität von 2019 von über 18 Millionen Passagieren wird somit nicht mehr angestrebt, sondern nur noch 80% davon. Effektiv bewirkt das mehr als 100 Flugstreichungen. Betroffen sind rund 2% der Swiss Passagiere (etwa 10000 Passagiere im Juli und August), diese konnten zu 80% auf andere Flüge der Lufthansagruppe oder Star Alliance umgebucht werden. Stark betroffen ist auch die Verbindung Wien - Zürich.

Lufthansa Chef Carsten Spohr legte bereits im April in einem CH Media Interview offen, dass die Fluglinie eine dreistellige Zahl von Flügen aus dem Sommerflugplan gestrichen hatte, und dass sich die Mehrkosten von 10 $ pro Barrel Kerosin direkt im Preis eines Flugscheines wiederfinden würden. Auch steht ein gemeinsames Angebot der Lufthansa mit der Schweizer Reederei MSC zusammen zum Kauf der italienischen Staatsairline ITA im Raum, da diese so wie andere besonders angeschlagene Airlines nach Ansicht Spohrs das Jahr 2022 ökonomisch nicht überstehen könnten. Die Lufthansa strich rund 900 Flüge für den Monat Juli, die Lufthansa Tochter Eurowings über 100.

Flughafenbetreiber generell rechnen damit,  dass zwei Drittel der europäischen Flughäfen mit dem Passagierandrang aufgrund fehlenden Bodenpersonals nicht mithalten werden können und es deshalb bis in den Herbst hinein zu häufigeren Flugverspätungen kommen wird. Deren internationalen Verbände (ACI, ASA) halten komplette und spontane Flugausfälle aber für weniger wahrscheinlich. Lobbyisten der Airport-Betreiber kritisieren vor allem zu geringe Staatshilfen, diese hätten Kündigungen abfangen können. Zudem soll es zu strenge Sicherheitsfristen bei der Ausbildung neuen Personals geben, dessen Arbeitsbeginn am Flughafen fallweise erst 16 Wochen später erlaubt wird.

Tipps

  1. Früher zum Flughafen
    - da die Sicherheitskontrollen oder Check-Ins wegen unterbesetztem Bodenpersonal länger dauern können, kann es sein, dass Ihre gewohnte Zeit um rechtzeitig beim Boarding zu sein nicht mehr ausreicht. Planen Sie Reservezeit ein!
  2. Gut vorbereitet
    - Fluglinien bitten Passagiere um Umsicht, damit es zu keinen unnötigen Verzögerungen kommt. Die erforderlichen Corona- und Reiseunterlagen bereit haben und mit weniger Handgepäck kommen. Beim Packen Flüssigkeitsbeschränkungen und andere Vorschriften fürs Handgepäck nicht vergessen.
  3. Häufigere Flugverspätungen
    - die Flughafenbetreiber gehen von häufigeren Flugverspätungen in dieser Sommersaison aus. Ab mindestens 2 Stunden Verspätung ergeben sich diverse Ansprüche. Lesen Sie dazu unseren Ratgeber zur Flugverspätungen!
  4. Kurzfristige Flugstreichungen
    - wenn die Fluglinie den Flug weniger als 14 Tage vor Abflug absagt, so stehen Ihnen gegebenenfalls Ausgleichsleistungen zu. Dies hängt vom Zeitpunkt ihrer Verständigung und dem Zeitpunkt des angebotenen Ersatzfluges ab. Details dazu in unseren Ratgeber zu Flugannullierungen!
  5. Ersatzflug muss passen
    - der von der Fluglinie angebotene Ersatzflug kann für Sie nachteilig sein, wenn er etwa erst viel später stattfindet. Sie können selbst einen Flug auch bei einer anderen Airline finden und als Ersatzflug vorschlagen. Das Gesetz besagt ein Ersatzflug muss dem ausgefallenen Flug (Flugzeit, Dauer, Strecke) möglichst ähnlich sein. Setzen Sie sich mit ursprünglichen Airline jedenfalls in Verbindung, bevor Sie eigenmächtig den anderen Flug buchen!
  6. Hilfe bei Ansprüchen
    - Sie können Ihre Forderung bei Verletzung Ihrer Fluggastrechte kostenfrei bei der APF oder bei EU Flügen bei uns einbringen.

Links

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Werden sich Flugpassagierrechte bald ändern?

Werden sich Flugpassagierrechte bald ändern?

Ein Neuer Anlauf für überarbeitete Passagierrechte im Flugverkehr ist da. Die Initiative könnte zur Ablösung der alten Fluggastrechteverordnung vor allem im Bereich Verspätungen und Flugabsagen führen. Flugreisende in der EU künftig also mehr Rechte bekommen - in bestimmten Fällen aber auch weniger.

Sozialministerium
VKI
EU
ECC
Zum Seitenanfang